The Barn Berlin ist in aller Munde! Unter diesem Namen verbergen sich gleich mehrere Etablissements: Seit 2010 hat sich der Coffeeshop „The Barn“ als Treffpunkt für Kaffeeliebhaber in Berlin Mitte etabliert, und 2012 kam mit „The Barn Roastery“ ein zweites Café mit angeschlossener Kaffeerösterei hinzu. Inzwischen gehören zur The Barn Familie noch weitere Institutionen: Beispielsweise hat man sich dem Café Kranzler, einem der ältesten Kaffeehäuser in Berlin angenommen, um es in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Und es wurden noch weitere Cafés im wilden Stadtteil Neukölln, am schicken Hackeschen Markt und am bekannten Potsdamer Platz eröffnet. Mittlerweile mischt The Barn sogar beim Thema Specialty Instant Coffee mit.
Doch nicht nur mit perfektem Kaffee, sondern auch mit einem „Kinderwagenverbot“ schlug The Barn Berlin vor ein paar Jahren Wellen. Höchste Zeit für eine Bestandsaufnahme!
1. The Barn Berlin: Die Anfänge und wer dahinter steckt
Obwohl The Barn Berlin noch keine Jahrzehnte existiert, so haben der Coffeeshop und die Rösterei schon eine eigene Geschichte geschrieben. Und sind mittlerweile über die Grenzen Berlins und Deutschlands bekannt!
Bei The Barn Roastery spielt Kaffee die Hauptrolle
Ein großer Raum, dezent in grau, schwarz und hellem Holz gehalten. Ein paar kleine Tische mit Stühlen, ein großer Tresen. Sonst nichts, nur Kaffee. So in etwa könnte man das minimalistische Interieur von The Barn Roastery in Berlin-Mitte beschreiben. Wobei es natürlich ein Frevel wäre, den Kaffee nur als Objekt zu beschreiben. Kaffee ist hier im Café von Besitzer Ralf Rüller schließlich der Protagonist! Er hat The Barn Roastery im September 2012 eröffnet um den Berlinern zu zeigen, wie richtig guter Kaffee schmecken muss. Im folgenden Video lernst du Ralf und The Barn genauer kennen.
The Barn Berlin: Die Pioniere des Third Wave Coffee
Die Geschichte von The Barn Berlin geht etwas weiter zurück – und zwar in die Zeit, als in Berlin noch die großen Milchkaffee-Schalen regierten. Damals war man schon froh, wenn der Kaffee überhaupt frisch gemahlen wurde, bevor er in die Siebträgermaschine kam. Zu diesen trögen Zeiten für Kaffeetrinker machten sich die Erschaffer von The Barn Berlin einen Namen als Pioniere des Third Wave Coffee – einer Kaffeebewegung, bei der die Geschmacksvielfalt verschiedener Kaffeesorten im Mittelpunkt steht. Ralf Rüller eröffnete 2010 den seinen Coffeeshop The Barn in der Auguststraße in Berlin-Mitte, einem Viertel wo sich besonders viele Galerien mit zeitgenössischer Kunst angesiedelt hatten.
The Barn stach schon zu Beginn aus dem Heer anderer Cafés in der Umgebung heraus. Statt gemütlichem Berliner Vintage Charm mit zusammengewürfelten Stühlen und Kunst an den Wänden setzte Rüller auf New Yorker Minimalismus. The Barn sollte ein Ort sein an den man kommt, um sich eine Auszeit zu nehmen, etwas gutes Handgefertigtes zu essen und einen Kaffee zu trinken, der seinen Namen verdient. Einziges echtes Schmuckstück in The Barn ist eine handgefertigte italienische Espressomaschine, in die nur die besten Bohnen kommen: Bio-Kaffee, dessen Herkunft nachvollziehbar ist und für den Kaffeefarmer gerecht bezahlt wurden.

Geröstet wird in Kopenhagen, London oder Oslo – also in Städten, in denen die dritte Kaffeewelle schon um einiges früher angekommen war als in Berlin. Sie sind für Ralf Rüller große Vorbilder für eine neue Kaffeekultur. Die Barista, die den Kaffee auf verschiedene Weisen zubereiten, sind Meister ihres Fachs. Nicht jeder versteht es, einen handgefilterten Kaffee perfekt einzuschenken – aber bei The Barn wissen die Barista ganz offensichtlich, was sie tun.
Die Milch kommt direkt von der Kuh in den Kaffee
Ralf Rüller ist idyllisch am Niederrhein aufgewachsen und wurde durch seine ländliche Umgebung geprägt. Daher will er genau wissen, woher die Produkte kommen, die er in seinem Coffeeshop anbietet. Das Gemüse und das Obst für seine sorgfältig zubereiteten Sandwiches und Snacks bezieht der Kaffeebetreiber direkt aus der Umgebung. Denn:
Lieber einen Boskop-Apfel aus Brandenburg als einen Bio-Apfel aus Brasilien!
Weil es ihm ein Gräuel ist, wenn in Cafés lieblos H-Milch in den Kaffee geschüttet wird, kauft er auch seine Milch nicht aus dem Supermarkt, sondern vom Bauernhof kurz hinter Berlins Stadtgrenzen. Von dort dauert es keine 24 Stunden, bis die Kuh-Milch vom Melken in den Coffeeshop angelangt. Und das schmeckt man! Aber natürlich gibt es auch pflanzlichen Milchersatz im Angebot.
The Barn Berlin röstet jetzt auch selber
Nachdem sich der The Barn Coffeeshop so gut in Berlin etabliert hatte, wollte Ralf Rüller noch einen Schritt weitergehen. Mit The Barn Roastery erfüllte er sich 2012 einen Traum und eröffnete ein Café mit eigener Kaffeerösterei. Dort wird der Kaffee in einer Probat-Maschine geröstet, einem fast sechzig Jahre alten Gerät, das komplett saniert und mit der neusten Technologie ausgestattet wurde.
Kaffee ist so ein tolles Produkt, aber es wird echt schlecht behandelt. Da wird dann billige H-Milch reingekippt, zehnmal aufgewärmt, und dann ist der Kaffee am Ende noch verbrannt. (Ralf Rüller, Interview Hilker Berlin)
Und man geht noch einen Schritt weiter: Der Kaffee bei The Barn wird mit der Cropster Roast Profiling Software geröstet, um sicher zu gehen, dass die perfekte Temperatur bei allen Röstprozessen eingehalten wird. Denn Ralf Rüller hasst nichts so sehr, wie schlecht gerösteten Kaffee!

2. The Barn Berlin: Kompromissloser Kaffeegenuss
Die Eröffnung von The Barn Roastery wurde von einem riesigen Medienecho begleitet. Doch das hatte zunächst nichts mit der Tatsache zu tun, dass hier eine neue Pilgerstätte für Kaffeejünger entstand. Oder dass man sich hier dem widmen wollte, um das es Ralf Rüller hauptsächlich geht, nämlich Genuss des perfekten Kaffees. Nein, die Berichterstattung drehte sich fast ausnahmslos um einen Betonpoller.
Kinderwagen verboten: In The Barn sollte Ruhe herrschen
Warum sich die Medien für einen Betonpoller interessieren? Das Corpus Delicti war am Eingang von The Barn Berlin platziert und wurde von einem kleinen Schild begleitet, auf dem ein Kinderwagen durchgestrichen ist. Die Message war klar: In The Barn durften keine Kinderwagen. Es ist nicht sicher, ob Rüller sich beim Platzieren von Poller und Schild bewusst war, was für eine Lawine an Anfragen, Anschuldigungen, und Hass-Emails auf ihn zukommen würde. Der Spiegel berichtete, das Berliner Boulevard-Blatt Berliner Kurier nannte The Barn Berlin „Café herzlos“ und Mami-Blogs warfen dem Kaffeebesitzer Kinderfeindlichkeit sowie Diskriminierung vor. Wiederum andere lobten aber das Konzept – das darauf ausgelegt ist, seinen Kaffee in absoluter Ruhe zu genießen, ohne etwaiges Kindergeschrei.
Die Menschen sollten auf all ihre Sinne achten, wenn sie eine Tasse Kaffee trinken. Genauso wie wir auf die Kaffeebohne von der Ernte bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie in die Tasse kommt, achten, kümmern wir uns auch um die Menschen, die zu uns kommen, um den Kaffee zu trinken.
Die Berichterstattung ging weit über die Grenzen der Berliner Medien hinaus. Der britische The Guardian berichtete in dem Zusammenhang über die „Polleraffäre“ und ließ Rüller zu Wort kommen, der sich verwundert zeigte über die zum Teil sehr heftigen Reaktionen auf sein Kinderwagenverbot. Heute soll das Kinderwagen-Verbot angeblich nicht mehr so eng gesehen werden. Aber in der Kaffeerösterei, so Müller aktuell, sind Kinder allein schon wegen der Hitze dennoch am besten ganz nah bei Mama und Papa aufgehoben.
Laptops bitte nur in der Laptop-Area
Rüller meint es ernst mit seinem Anspruch vom absoluten und kompromisslosen Kaffeegenuss. Den kann man seiner Meinung nach nur erlangen, wenn man seine volle Aufmerksamkeit und Wertschätzung dem Produkt schenkt, das man gerade zu sich nimmt. Das bedeutet für den Kaffeebesitzer, dass man eigentlich nichts nebenher tun sollte. Keine Hintergrundmusik hören – in The Barn Berlin schallt nichts aus den Lautsprechern – nicht arbeiten, einfach nur essen und Kaffee trinken.
Deshalb gab es neben dem Kinderwagenverbot noch ein weiteres Verbot: Laptops waren zumindest in den Anfangszeiten nicht gerne gesehen. Wobei das nicht ganz stimmt – es gab eine ausgewiesene Laptop-Area, wo es erlaubt wurde, seinen Computer aufzustellen und daran zu arbeiten. Schließlich befindet sich The Barn Berlin inmitten des Zentrums der Berliner StartUp-Szene. Da kann es sich selbst ein Mekka der Kaffeefreunde wie The Barn nicht erlauben, ganz auf diese Klientel zu verzichten. Insgesamt, so sagt Müller, lässt sich so ein Laptop-Verbot dann doch schlecht durchsetzen.
Do you speak English? Your coffee is ready!
Nicht nur am Laptop-Verbot in einem Großteil des Cafés erhitzten sich zu Beginn die Gemüter, ein großes Thema war auch die Englischsprachigkeit der angestellten Barista. Laut Rüller kein absichtliches Konzept – die am besten ausgebildeten Barista kämen nun mal aus New York oder London. Dennoch scheint es so, als wolle man auch hier auf ein bestimmtes Image setzen. Interieur wie in New York und dazu das Gefühl, seinen Kaffee von einem echten amerikanischen Kaffeemeister eingeschenkt zu bekommen – Brooklyn-Vibes in Berlin-Mitte!

3. Trotz aller Aufregung: The Barn will perfekten Kaffee
Man kann das Konzept von The Barn Berlin verstehen oder nicht, aber an Beliebtheit scheint es dem Coffeeshop und der Rösterei von Ralf Rüller nicht zu fehlen. Er stellt auch weiterhin die Suche nach dem perfekten Kaffee in den Mittelpunkt seines Geschäfts. Darum gibt es heute neben den verschiedenen The Barn Cafés in ganz Berlin und The Barn Roastery auch The Barn Lab (siehe Foto oben) – ein Schulungszentrum, wo man mit Röstungen experimentiert und Cuppings vornimmt.
Zucker und Milch sind nichts für Kaffee-Puristen
Was man mittlerweile als geneigter Qualitätskaffeetrinker schon kennen mag, war in Berlin vor der Third Wave Kaffee-Welle noch ungewöhnlich: Der Umgang mit Milch und Zucker. Was wahre Kaffee-Nerds schon immer predigten, wird in The Barn Berlin umgesetzt: Kaffee, so wird einem dort mitgeteilt, ist ein eigenständiges Getränk und braucht eigentlich nichts, um noch besser zu schmecken. Und das stimmt sogar wissenschaftlich gesehen: Heute weiß man, dass Kuhmilch weniger gesund ist als gedacht, und im eigentlich gar nicht so ungesunden Kaffee sogar die wertvollen Pflanzenwirkstoffe neutralisiert!
Da man aber einem Großteil der Deutschen wohl die Liebe zur Milch im Kaffee nicht austreiben kann, gibt es bei The Barn die bereits oben erwähnte Milch wenigstens direkt vom Bauern. Während man aber die Wahl zwischen vielen verschiedenen Single Origin Kaffees hat – Kaffee dessen Bohnen lediglich aus einem bestimmten Anbaugebiet stammen – bekommt man einen Kaffee mit Milch nur mit einer bestimmten Kaffeesorte.
Und den Zucker (unraffiniert und rein) kann man sich selbst nehmen – es wird aber mit einem Schild dazu geraten, den Kaffee doch auch mal ohne zu probieren. Ob man das nun als Bevormundung verstehen mag oder als gut gemeinten Hinweis für einen besseren Kaffeegenuss, hier wird deutlich: Man meint es bei The Barn ernst mit dem Kaffee! Und, Logo, ohne Zucker schmeckt der Kaffee nicht nur aromatischer, sondern ist auch gesünder.
Im The Barn Berlin lässt man sich Zeit
Mittlerweile ist wieder etwas Ruhe eingekehrt und The Barn Berlin läuft auch in der Schönhauser Allee hervorragend. Nach vielen Interviews und Konfrontationen widmet man sich wieder dem, für das man eigentlich steht: Die perfekte Tasse Kaffee! Und um sie zu servieren, bedarf es davor einer Vielzahl an Handgriffe.
Zunächst werden die Kaffeebohnen gemahlen – und zwar nicht auf Vorrat und im Voraus, sondern einzeln für jede bestellte Tasse. Dann wird sorgsam das Verhältnis von Wasser zu Kaffeepulver (der Barista spricht vom „Brew Ratio“) abgewogen, das Wasser per Wasserfilter gereinigt und an der Kaffeemaschine der richtige Druck eingestellt. Oder aber der Kaffee wird von Hand mit Bedacht durch den Hario V60 Keramikfilter aus Japan eingegossen, bzw. respektive ein Espresso-Shot mit der Aeropress zubereitet.
Die sonst üblichen Bezeichnungen wie Cappuccino, Café Latte, Latte Macchiato oder Flat White sucht man in The Barn Berlin übrigens vergebens. Kaffee heißt hier Coffee und den gibt es lediglich in drei verschiedenen Größen. Punkt aus!
4. The Barn Berlin als Vorreiter der 3. Kaffeerevolution
Wer The Barn Berlin – die Coffeeshops in Berlin Mitte, Neukölln, am Hackeschen Markt, am Potsdamer Platz oder im Café Kranzler sowie die Roastery in der Schönhauser Allee – besucht, dann aus einem guten Grund. Man geht dorthin, um den perfekt gebrühten Kaffee in Ruhe zu genießen.
Eins ist sicher: Ralf Rüller hat einen großen Anteil daran, dass in Berlin immer mehr Third Wave Coffee Shops entstehen. Sie spezialisieren sich darauf, Kaffee aus den sorgfältig ausgesuchten Bohnen mit den besten Zubereitungsmethoden zu servieren. Die Third Wave Coffee Revolution ist mitten im Gange und The Barn Berlin gebührt die Vorreiterrolle in Berlin, auch wenn inzwischen viele weitere Specialty Coffee Shops auf der Landkarte sind.
Christian ist Kaffeeblogger seit 2008, leiderschaftlicher Home-Barista und Gründer und Geschäftsführer der Happy Coffee GmbH. Seit 2015 liefert er jeden Monat über den Online-Shop frisch gerösteten Kaffee aus fairem Direkthandel an tausende Kunden. Sein tiefgreifendes Wissen über Kaffee teilt er regelmäßig hier im Blog.