Die Teekampagne schafft mit dem Versand von grünem und schwarzem Darjeeling Tee etwas, das für mich lange als logischer Widerspruch galt: Qualitativ hochwertigen und fair gehandelten Tee zu günstigen Preisen anzubieten. Doch was und wer genau steckt hinter der Teekampagne? Wir stellen das Vorzeigeprojekt von Professor Günter Faltin, den Autor der Gründer-Bibel Kopf schlägt Kapital, etwas genauer vor.
1. Die Teekampagne: Wer und was steckt dahinter?
Ursprünglich wollte Professor Günter Faltin, Wirtschaftsprofessor an der Freien Universität Berlin, mit seiner 1985 ins Leben gerufenen Projektwerkstatt zur Teekampagne nur „eine kleine universitäre Utopie in der ökonomischen Praxis erproben.“ Sein Ziel war es, praxisnah ökonomische Prinzipien zu vermitteln und dabei gängige Strukturen zu hinterfragen, um die Dinge damit zum Besseren zu kehren: Fair gehandelter, hochqualitativer Tee wird trotzdem zu günstigen Konditionen angeboten und damit die vermeintliche Preis-Logik des nachhaltigen Konsums (“besser muss teuer sein”) in Frage gestellt. Dieses Vorhaben ist ihm mehr als gelungen: Mit seiner Teekampagne hat er ein florierendes Unternehmen ins Leben gerufen, das mittlerweile Umsätze im höheren Millionenbereich erzielt.
So wachsen Teepflanzen: Eine Farm in Südostasien (Foto: Melanie Böhme)
Fairer Tee aus frischer Ernte
Der Darjeeling Tee der Teekampagne stammt als First Flush und Second Flush aus den frischen Ernten eines Jahres und überzeugt in sämtlichen qualitativen und sensorischen Tests. Das klingt nach delikatem, aber teurem Tee, oder? Weit gefehlt! Die Teekampagne bietet ihren Tee im Versand besonders günstig an, obwohl dieser fair und nachhaltig gehandelt wurde. Ebenso wie bei Fair Trade Kaffee bedeutet „fair gehandelt“ im Fall von Tee, dass nicht nur die Händler, sondern auch die Produzenten in gerechtem Maße am Produkt verdienen sollen.
Bei der Teekampagne kommen über 50% des Verkaufspreises den Produzenten auf den Teeplantagen zugute. Das sind glatte 100% mehr, als es marktüblich ist – denn normalerweise erhalten Tee-Produzenten nur zwischen 10% und 25% der Erlöse. Außerdem wird nach Prinzipien des Bio-Landbaus auf den Einsatz von chemischen Mitteln und Pestiziden verzichtet sowie WWF-Projekte zur Wiederaufforstung unterstützt.
Prämiertes Konzept für nachhaltigen Teeanbau
Neben Fairtrade schreibt sich die Teekampagne ebenfalls Nachhaltigkeit auf die Fahne. Nachhaltigkeit bedeutet im weitesten Sinne, dass das heutige Handeln nicht auf Kosten zukünftiger Generationen geschieht – indem wirtschaftliche, soziale und ökologische Prinzipien miteinander vereinbart werden. Was schwierig klingt, ist Professor Faltin mit seiner Tee-Kampagne gelungen, die 2012 dafür sogar den CAI-Preis (“CAI” steht für “creative, active, innovative”) für Nachhaltigkeit der IHK Potsdam gewann. Beispielsweise werden CO2-Emissionen des Darjeeling Tees durch Schiffstransport anstelle Flugzeugversand reduziert und Kostenvorteile an den Verbraucher in Form günstiger Preise weitergegeben – indem man auf Zwischenhändler und müllintensive Kleinstpackungen verzichtet.
In diesem Video erinnert sich Professor Faltin zurück, wie alles begann – und eine seiner Studierenden ihn zum Projektbeginn noch als verrückt erklärte. Ein paar Jahre später zeigt die Teekampagne allerdings, wie lukrativ verantwortungsvolles Wirtschaften sein kann – und das, obwohl man nur mit Darjeeling (quasi dem “Champagner” der Teesorten) und Assam-Tee handelt.
Tee in hoher Qualität zu günstigem Preis
Um beim Einkaufen im Siegel-Dschungel zu überleben und meinen Kriterien für nachhaltigen und fairen Konsum möglichst gerecht zu werden, legte ich mir persönlich eine Maxime zurecht. Die Formel schien bisher logisch und einfach, wenn auch mit weitreichenden Konsequenzen für meinen Geldbeutel: Qualitativ hochwertiges Produkt + fair + nachhaltig = hoher Preis. Der logische Umkehrschluss ist, das ein günstiges Produkt unterhalb des üblichen Marktpreises eben nicht nachhaltig und fair produziert worden sein kann. Doch die Teekampagne stellt mit ihrem Versand von hochwertigem Darjeeling Tee und Assam Tee diese Logik auf den Kopf:
Qualitativ hochwertiges Produkt + fair + nachhaltig = günstiger Preis!
Wie ist das möglich? Verfolgt die Teekampagne etwa ein neues Geschäftsmodell mit hochinnovativer Technologie? Nein, es ist gar nicht so kompliziert! Hinter dem Konzept der Teekampagne steckt keine technischer Gimmick, keine Zauberei und auch kein Schmu, sondern allein ein kluger Kopf mit seinem Team.
In guten Händen: Junge Teeblätter direkt nach der Ernte (Foto: Melanie Böhme)
2. Hochwertiger Darjeeling und Assam für wenig Geld: So geht’s
Wie hält die Teekampagne die Kosten so niedrig und bietet dennoch ein hochwertiges, fair gehandeltes Produkt? Sie verfolgt ein einfaches Prinzip, in dem sie sich auf das Wesentliche konzentriert.
Produzenten, Verarbeiter, Großhandel und Einzelhandel? Muss nicht sein. Die Handelskette der Teekampagne ist außergewöhnlich kurz, denn sie verzichtet auf:
- teure Zwischenhändler
- komplexe Sortenvielfalt
- ausgefeiltes Marketing
Stattdessen konzentriert man sich bei der Teekampagne auf das Wesentliche:
- ursprüngliche ein Teesorte, später zwei: bester Darjeeling (schwarzer und grüner Tee von den Steilhängen des Himalaja) und Assam (schwarzer und grüner Tee aus der indischen Region Assam)
- direkter Bezug beim Produzenten (den Kleinbauern und TeepflückerInnen)
- nur Großpackungen (90% des Tees wird in 1kg Packungen verkauft).
Denn was produziert die hohen Kosten eines Produktes wie Tee, das im Ursprungsland eigentlich noch günstig ist? Es sind die vielen Zwischenhändler, teurer Transport und Vertrieb, Verpackungsmaterialien und das Umverpacken in immer kleinere Größen, aufgeblasenes Marketing und all die dafür benötigten Angestellten. Wenn alle Beteiligten trotzdem ein Stück vom Kuchen abhaben möchten, dann schrumpft der Anteil der wichtigsten Person in der Tee-Produktion: Dem Tee-Bauer, der ganz am Anfang der Kette steht, und ohne den es eigentlich überhaupt nicht geht.
Durch Verzicht auf diese Mehrkostenfaktoren gelingt es der Teekampagne, den Produzenten den größten Teil des Kuchens abzugeben. Über 50% des Verkaufspreises kommt den Teebauern und PflückerInnen zugute. Und obwohl bei der Teekampagne als Shop noch die gängigen Versandkosten hinzukommen, ist der Preis immer noch deutlich günstiger als im marktüblichen Vergleich.
3. So kann man Tees der Teekampagne kaufen
Wer sich mit Tee ein wenig auskennt der weiß: Letztlich stammen alle Teearten und Teesorten von derselben Teepflanze ab, der Camellia Sinensis, beziehungsweise von ihren beiden Unterarten, Camellia Sinensis Sinensis und Camellia Sinensis Assamica. So verhält es sich natürlich auch bei den beiden Teearten, die man bei der Teekampagne kaufen kann: Darjeeling und Assam. Allerdings werden von ihnen diverse Sorten angeboten, die – dank Verzicht auf Zwischenhändler und umständliche Vertriebswege – Spitzenqualität zum moderaten Preis bieten.
Darum können die Tees der Teekampagne fast ausschließlich online bestelltund nur über den Postversand bezogen werden. Es gibt aber in ganz Deutschland auch einige direkte Verkaufsstellen – die Depots der Teekampagne. Denn dort, wo der Tee gelagert wird, kann er auch ohne Probleme direkt gekauft werden. Als Berliner Unternehmen gibt es die meisten Verkaufsstellen der Teekampagne in der Gegend um die Hauptstadt. Ob eine Verkaufsstelle der Teekampagne auch in deiner Nähe ist, kannst du hier einsehen.
Darjeeling Tee von der Teekampagne
Darjeeling stammt aus der gleichnamigen Region in Indien, an den Südhängen vom Himalaya-Gebirge, wo vor allem die Camellia Sinensis Sinensis wächst. In den großen Höhenlagen bis 2.000 Meter gedeiht ein besonders luxuriöser Tee, der als fein und sehr aromatisch gilt. Ähnlich wie beim Ceylon Tee aus Sri Lanka fasst man unter dem Namen “Darjeeling” ebenfalls verschiedene Teearten zusammen, die aus der Anbauregion stammen – sie können schwarz, grün, “schwarz-grün” (Oolong), weiß oder gelb sein. Allerdings wird unter Darjeeling meistens fermentierter, also schwarzer Tee verstanden.
Darjeeling-Qualitäten und Sorten unterscheiden sich nach ihrem Erntezeitpunkt: First Flush Tees werden direkt nach dem Winter geerntet und sind sehr leicht und duftig. Second Flush Tees werden im Sommer geerntet und sind deutlich kräftiger.
Bei der Teekampagne kannst du neben First Flush oder Second Flush Darjeeling (beides Schwarztee) auch “Darjeeling Gartentee” (Single Estate Tee, das Pendant zu Single Origin Kaffee), “Selected Darjeeling” (eine Art dunklerer First Flush) sowie grünen Darjeeling Tee kaufen. Letzterer stammt von derselben Pflanze, ohne zu fermentieren. Alle Darjeeling-Teesorten sind übrigens von hoher Qualität und tragen das international anerkannte Label “FTGFOP1” (Finest Tippy Golden Flowery Orange Pekoe): Es handelt sich also um Tees, die aus besonders vielen jungen Blattspitzen und ungeöffneten bestehen – besser geht’s nicht!
Assam Tee von der Teekampagne
Assam Tee wurde erst später von der Teekampagne ins Sortiment aufgenommen. Er wurde nach der Varietät der Teepflanze benannt, aus der er gewonnen wird: Die Camellia Sinensis Assamica, die im indischen Assam beheimatet ist, doch auch in anderen Ländern Südostasiens wächst. Sie gilt als etwas robuster als die Camellia Sinensis Sinensis, aus der Darjeeling besteht, und hat größere Blätter. Die Assamica steht ebenfalls für feine schwarze Tees, die in der Tasse aufgrund der größeren Menge an Tanninen aber kräftiger und intensiver schmecken. Viele kennen Assam aus den bekannten “Friesen-Tee” Mischungen – etwas starkes gegen Schietwetter 😉
Bei der Teekampagne hat man die Handelsprinzipien vom Darjeeling-Tee später (genauer gesagt im Jahr 2017) auch auf den Assam übertragen, weil die dem Projekt bekannten Teebauern ebenfalls Felder in der Region Assam hatten. Eine gut genutzte Gelegenheit! Heute kann man sowohl einen kräftigen schwarzen Assam-Tee (Second Flush) als auch einen grünen Assam-Gartentee kaufen. Beide haben genauso wie der Darjeeling mit FTGFOP1 die höchste Qualitätsstufe im Pekoe-Grading.
Für Tee-Liebhaber und Vieltrinker: Das bequeme Tee-Abo
Da sich die Teekampagne ausschließlich auf zwei exzellente Teearten – den Darjeeling-Tee von den Hängen des Himalaja und den ebenfalls aus Indien stammenden Assam-Tee – konzentriert, ist die Verfügbarkeit begrenzt. Um Liebhaber und treue Kunden nicht mit ausverkauften Depots zu enttäuschen, bietet die Teekampagne darum ein Tee-Abo – so wie wir es übrigens auch mit unserem Happy Coffee tun. Abonnementen können ihre Wunschmenge an First Flush und Second Flush vorab bestellen und erhalten sie dann, sobald die Ernte eingetroffen ist. Durch diese bevorzugte Behandlung von Stammkunden erhält die Teekampagne neben zufriedenen Kunden zudem Planungssicherheit, was sich wiederum positiv auf die Kosten auswirkt. https://www.youtube.com/embed/oyZx-A-tPpc
4. Die Teekampagne: Vorbild für andere Produkte?
Die Teekampagne ist seit über 20 Jahren mit einem innovativen Geschäftsmodell erfolgreich am Markt. Sie ist mit über 200.000 Kunden und einem Verkauf von mehr als 400.000 kg Tee pro Jahr der größte Tee-Versand in Deutschland und laut dem Tea Board of India mittlerweile sogar der weltgrößte Importeur von Darjeeling. Und das mit nur knapp 15 Mitarbeitern! Findet ein so erfolgreiches Model Nachahmer? Ja, findet es! Und Professor Günter Faltin unterstützt sogar dabei.
Die Saft- und die Gewürzkampagne
Professor Faltin ist in Start Up Kreisen sehr aktiv und unterstützt als Business Angel vielversprechende Geschäftsideen. So ist er etwa Investor des Saftanbieters Ratio Drink. Auch Ratio Drink umgeht unnötige Vertriebswege und konzentriert sich auf das Wesentliche: Saft. Denn auch einfacher Saft geht durch die Hände vieler Zwischenhändler – die zunächst Saftkonzentrat an einen Saftanbieter verkaufen, der das Konzentrat dann mit Wasser auffüllt, um es teurer dem Endverbraucher anzubieten. Ratio Drink umgeht diese Wege und bringt das Konzentrat direkt zum Konsumenten, der es dann einfach selber mit Wasser auffüllen kann. Aus klein verpackten und leicht versandten 3 Litern Bio-Apfelsaft Konzentrat werden dann im Handumdrehen 24 Liter Apfelsaft. Kistenschleppen adé!
Was mit Tee geht, geht übrigens auch mit Gewürzen, Balsamico, Öl & Co! Das dachten sich die Gründer von Delidia, die im Kampagnenverkauf guten Balsamico und hochwertiges Olivenöl anbieten. Natürlich in Großpackungen zwecks Müllvermeidung! Außerdem importiert das Unternehmen super Pfeffersorten, Paprika, naturbelassenes Meersalz sowie Fleur de Sel. Alle Produkte sind bio, vegan, direkt vom Bauer und werden sozial inklusiv hergestellt – zusammen mit Menschen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance haben. Daniel von Delidia erzählte uns: “Es ist ein ehrliches Herzensprojekt mit dem Ziel, die Welt etwas besser zu machen.” So sieht übrigens die Traubenernte beim Erzeuger für den Aceto Balsamico aus – nur die besten Früchtchen kommen ins Produkt (Foto: Delidia).
Wer selber eine Geschäftsidee hat und mehr von Professor Faltin und seinem Team lernen möchte, kann sein Buch Kopf schlägt Kapital lesen und bei ihm sogar am Diskurs teilnehmen. Mit dem Entrepreneurship Summit hat Günter Faltin eine Konferenz für innovative und nachhaltige Unternehmer gegründet.
Billigere Produkte für eine bessere Welt?
“Erzeugen günstige Produkte nicht einen Preiskampf, der sich im wirtschaftlichen Wettbewerb nachteilig für die Produzenten von Rohstoffen wie Tee und Kaffee auswirkt?” Das möchte ich kritisch fragen. Es ist ja schön und gut, wenn der Teekampagne die Kunst gelingt, ein Produkt fair und dennoch günstig anzubieten. Doch spornt das nicht den Preiskampf weiter an und führt dazu, dass andere Anbieter ihre Produzenten noch schlechter bezahlen?
Nein, würde Prof. Günter Faltin entgegnen. Nicht, wenn wir uns bei der Produktion unserer Konsumgüter auf das Wesentliche konzentrieren und unnötige Mehrkosten vermeiden. Wenn wir das tun, können wir sogar entlang der Null-Grenzkosten-Marke produzieren, wie es der Soziologe und Ökonom Jeremy Rifkin prognostiziert. Ein Produkt, das in der Herstellung nur wenige Cents kostet, muss über die richtigen Verkaufswege kaum teurer angeboten werden. Das gilt besonders zu Zeiten des digitalen Handels und 3D-Drucks. Das würde nach Prof. Faltin soziale Ungleichheiten sogar noch entschärfen, da eine solche Wirtschaft vor allem denjenigen hilft, die von wenig Geld im Monat leben müssen.
Jeremy Rifkins Abhandlung “Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft” erfährt seit seinem Erscheinen 2014 einen regelrechten Hype. Das eine solche Wirtschaft möglich ist, zeigt die Teekampagne bereits seit über 20 Jahren. Und Günter Faltin hat den Gedanken des nachhaltigen Wirtschaftens in Kopf schlägt Kapital endgültig salonfähig gemacht.
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Über die Autorinnen:
Heidi liebt Kaffee, vor allem in Kombination mit einem gesunden Frühstück. Wenn sie gerade keine Beiträge auf Happy Coffee schreibt, berichtet die Weltenbummlerin auf ihrem Blog meerdavon.com über ihre Reisen.
Mit Latte Macchiato aus dem heiß geliebten Porzellan-Espressokocher beginnt für Deva ein guter Start in den Tag. Sie hat Philosophie und performative Kunst studiert und lebt und arbeitet in Hamburg. Neben Kaffee interessiert sie gesunde Ernährung, Tanzen und Surfen.
Heidi ist die "Kaffee-Doktorin" bei Happy Coffee: Zusammen mit Christian hat die promovierte Betriebswirtin das Unternehmen 2008 gegründet und schreibt ausführlich über alle Themen aus der Kaffee-Szene. Egal ob Kaffee-Zubereitung, Kaffeezubehör oder Kaffeespezialitäten - Heidi recherchiert, probiert, fotografiert und berichtet ausführlich für unsere Leserschaft. Privat trinkt sie am liebsten handgefilterten Kaffee zu einem gesunden Frühstück.