Bio Siegel

Bio Siegel nach EG-Ökoverordnung: Wie viel „Bio“ steckt dahinter?

Mit dem deutschen staatlichen Bio Siegel vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft werden Erzeugnisse aus ökologischem Landbau gekennzeichnet. Doch seit einiger Zeit taucht auch das EU-Bio Siegel auf Produkten auf. Wir verraten euch, was es mit beidem auf sich hat, wie viel „Bio“ wirklich dahinter steckt, und was sinnvolle Alternativen sind.

(1) Das deutsche Bio Siegel und was es aussagt

Ist Bio wirklich Bio? Der Begriff „Bio“ kann alleinstehend nicht geschützt werden, in Bezug auf Nahrung aber schon. Dasselbe gilt für verwandte Begriffe wie „Öko“, „(kontrolliert) biologisch“, „kontrolliert ökologisch“, „biologischer Landbau“ oder „ökologischer Landbau“.“ Denn so benannte  Lebensmittel müssen den Ansprüchen der EG-Öko-Basis-Verordnung genügen und tatsächlich aus ökologischer Landwirtschaft stammen – zur ihrer Produktion müssen also über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg natürliche Inhalts- und Zusatzstoffe eingesetzt werden. Außerdem müssen sie ein staatlich anerkanntes Bio Siegel tragen, das selbst ebenfalls europaweit geschützt ist.

Bio Siegel

Achtung: Manche Produzenten verleihen ihren Lebensmitteln dem Bio Siegel optisch ähnliche Siegel oder werfen mit geschützten Worthülsen wie „kontrollierter Anbau“ um sich, die allerdings überhaupt nichts aussagen. So gaukeln sie dem Verbraucher etwas vor, das aber gar nicht so sauber und rein ist, wie es den Anschein hat. Daher sollte man definitiv nach dem geschützten Bio Siegel oder den u.g. Alternativen Ausschau halten!

Das Bio Siegel als Prüfsiegel der EG

Das deutsche Bio Siegel ist ein grünes Sechseck, in dem fett das Wort „Bio“ und der Verweis auf die Rechtsgrundlage prangt. Es existiert seit 2001 und wird als Prüfsiegel eingesetzt, welches nur Produkte tragen dürfen, die bestimmte Auflagen erfüllen. Diese Auflagen sind in den EU-Rechtsvorschriften, genauer gesagt der EG-Öko-Verordnung, reglementiert. Dort steht drin, dass das Produkt zu mindestens 95% aus der Bio-Produktion stammen muss. Dies gelingt, indem bestimmte Kriterien eingehalten werden, wie beispielsweise der Verzicht auf chemische Düngemittel, künstlich angereicherte Futtermittel und Antibiotika, sowie gen-technisch manipulierte Rohstoffe. Außerdem muss die Tierhaltung artgerecht erfolgen, indem z.B. die Anzahl an Tieren pro Hektar begrenzt ist, und es wird nur eine bestimmte Anzahl an Zusatzstoffen erlaubt.

Die Einhaltung dieser Kriterien wird von den zuständigen Öko-Kontrollstellen bzw. den zuständigen Anbauverbänden überwacht und der Erzeuger muss zur Erbringung der Kriterien entsprechende Dokumentationen vorweisen. Außerdem werden sie regelmäßig (unangekündigten) Überprüfungen unterzogen. 

Bio Siegel - Biobauer

Das Bio Siegel als Gütesiegel für den Verbraucher

Dank der strengen Auflagen soll sich der Verbraucher darauf verlassen können, dass in einem „Bio“ genannten Lebensmittel mit dem Bio Siegel auch wirklich nur Gutes drin steckt. Es hat also – ähnlich wie das Fairtrade Siegel – eine vertrauensfördernde Signalwirkung, dass man beim Einkaufen auch wirklich beherzt zugreifen kann. Damit hat es natürlich eine verkaufsfördernde Wirkung. Allerdings, und jetzt kommt das große Aber: Das deutsche Bio Siegel allein ist nicht mehr aussagekräftig. Denn seit 2012 ist die Verwendung des bereits 2010 eingeführten EU Bio Siegel verpflichtend. Nichtsdestotrotz verwenden viele Hersteller gern zusätzlich das alte deutsche Bio Siegel, da es in unseren Landen bekannt ist und nach wie vor Qualität ausstrahlt.

(2) Das EU Bio Siegel: Verpflichtend seit 2012

Seit 2012 müssen verpackte Bio-Lebensmittel mit dem europäischen Bio Siegel gekennzeichnet werden. Hierfür wird zur Zertifizierung ebenfalls die EG-Öko-Basis-Verordnung herangezogen. Als „bio“, „öko“ oder ähnlich bezeichnete Lebensmittel müssen also den EU-Vorschriften für den ökologischen Landbau genügen. Damit soll europa-weit eine größere Vergleichbarkeit der Nahrungsmittel erreicht werden. Selbst Nicht-EU-Länder schließen sich diese Trend an.

EU Organic Logo

Auch Importwaren können mit dem europäischen Bio Siegel (siehe rechts) gekennzeichnet werden, sofern sie den Rechtsvorschriften nach EU-Norm für den ökologischen Landbau entsprechen. Trotz der inzwischen verpflichteten Verwendung prangt auf unzähligen Produkten neben dem EU Siegel noch das deutsche Bio Siegel. Das ist erlaubt – es liegt also ganz beim Hersteller, ob er eines oder beides nutzen will. Auf jeden Fall muss er sich bei einer Öko-Kontrollstelle anmelden und dem Anmelde- und Prüfprozedere unterziehen. Hier kannst du genauer nachlesen, wie eine Bio-Zertifizierung abläuft und warum wir sie für unseren Happy Coffee Bio-Kaffee von Anfang an gewählt haben.

(3) Alternativen und Ergänzungen zum Bio Siegel

Auf dem Markt existieren neben dem deutschen und EU Bio Siegel eine Fülle anderer, privater Label. Sie resultieren aus regionalen Ansätzen und der Tatsache, dass manchen Herstellern – und Konsumenten – die Auflagen der großen Bio Siegel zu weich sind. Dementsprechend nutzen viele Siegel von nationalen Anbauverbänden zwar auch die EU-Öko-Verordnung als Zertifizierungsgrundlage, setzen sich darüber hinaus aber noch weitere und deutlich strengere Auflagen.

Das EU Bio Siegel garantiert nicht 100% Bio

Im Kleingedruckten können sich EU Bio Siegel durchaus unterscheiden. So macht es einen Unterschied, ob das Produkt aus deutscher Landwirtschaft, EU-Landwirtschaft oder Nicht-EU-Landwirtschaft stammt. Obst aus der Heimat hat natürlich einen kürzeren Transportweg als Obst aus Neuseeland, es ist frischer und unterstützt regionale Landwirte. Was unter dem EU Bio Siegel allerdings identisch ist, sind die Anbau- und Produktionsanforderungen – egal aus welchem Land das Erzeugnis stammt. Und wer die Interessen vieler Länder unter einem Siegel vereinen muss, kommt ohne einen gewissen Spielraum nicht aus.

Darum unterscheiden sich die Kriterien des EU Bio Siegels und der Anbauverbände zum Teil erheblich voneinander. Kein Wunder: Die EG-Öko-Verordnung ist ein guter Anfang, setzt aber eher Mindeststandards für ökologische Lebensmittel. So müssen, wie oben bereits beschrieben, die Betriebe bis mindestens 95% biologisch wirtschaften; der Rest darf konventionell erfolgen. Das ist beispielsweise beim Bioland-Siegel nicht möglich – es setzt 100% Bio voraus.

Bio Siegel Tierhaltung

Außerdem sind unter dem EU Bio Siegel Dinge wie der Umgang mit Tieren und Düngemitteln umstritten. So erlaubt die EG-Öko-Verordnung teilweise doppelt so viele Tieren pro Hektar Nutzfläche wie private Siegel und erlaubt eine ungeregelte (und damit potenziell nicht artgerechte) Aufzucht von Jungtieren. Das ist bei Bioland & Co. reguliert. Unter dem EU Siegel darf auch Dünger uneingeschränkt aus tierischen Bestandteilen sein. Das kann im Fall von Gülle und Jauche zur Einlagerung von Schwermetall- und Medikamentenresten in der Nahrung führen, während Blut- Fleisch- und Knochenmehl zur Ausbreitung der Rinderkrankheit BSE beitragen können. Und das sind nur einige Beispiele, warum das EU Bio Siegel kein Maximum an „bio“ liefert. Einen detaillierten Vergleich der jeweiligen Standards gibt es z.B. hier bei der Gegenüberstellung vom EU Siegel und dem Bioland Siegel.

Siegel von privaten Anbauverbänden

Viele gesundheitsbewusste Menschen befassen sich heute mit einer sauberen Ernährung, zum Beispiel nach dem Clean Eating Prinzip oder als Veganer. Sie sind ebenfalls bereit, für mehr Bio auch mehr zu bezahlen. Wer das möchte, sollte sich einfach nach den Siegeln der Anbauverbände umsehen. Sie prangen auf Nahrungsmitteln neben dem verpflichteten EU Bio Siegel, gehen aber deutlich weiter. Zu den renommiertesten Siegeln zählen die Marken der eingetragenen Vereine Bioland e.V.Demeter e.V. und Naturland e.V. (siehe folgende Screenshots von den Seiten der Verbände).

Bioland Siegel

Bioland ist der größte Anbauverband in Deutschland und legt besonderen Wert auf die Stärkung der regionalen Landwirtschaft. So muss beispielsweise schon das Futter für die Nutztiere zu 100% Bio sein und zu 50% vom eigenen Betrieb stammen; außerdem sind Tiertransporte auf maximal 4 Stunden und 200 Kilometer beschränkt. Auch bei der artgerechten Tierhaltung und dem Einsatz von Düngern werden sehr viel strengere Auflagen gesetzt als beim EU Siegel. Insgesamt muss ein Bioland Betrieb zu 100% bio arbeiten.

Demeter

Demeter, benannt nach der griechischen Göttin der Fruchtbarkeit und des Ackerbaus, reguliert Tiertransporte und die Futtermittelqualität ebenfalls sehr streng. Noch strenger ist man bei der Tierhaltung: In Demeter-Betrieben (die 100% bio arbeiten müssen) haben z.B. Masthühner noch mehr Platz als bei Bioland und es sind schmerzhafte Eingriffe wie die Enthornung bei Rindern verboten. Außerdem erlaubt dieser Verband nur sehr wenige und wirklich absolut notwendige Zusatzstoffe – so etwas wie Nitritpökelsalz, Jodierung und die sogenannten „natürlichen Aromen“ sind verboten. Ebenfalls untersagt sind gentechnisch manipulierter Mais, Saat- und Pflanzengut.

Naturland Siegel

Naturland ist neben Bioland und Demeter einer der renommiertesten Anbauverbände. Hier sind die Standards bei der Tierhaltung, beim Futtermittel und der Betriebsführung (100% Bio) ebenfalls strenger als beim EU Bio Siegel. Was Naturland so speziell macht, sind die sozialen Anforderungen des Siegels – z.B. Sozialrichtlinien zum Ausschluss von Kinderarbeit, Wahrung der Menschenrechte und für faire Erzeugerpreise.

Bio und Fairtrade: Das ergänzt sich gut

Viele Menschen verlieren im Siegelwald den Überblick und eine häufige Frage ist, wie das Bio Siegel und Fairtrade zusammenpassen. Unsere Antwort: Wunderbar! Schließlich kombinieren wir mit unserem Happy Coffee selbst Bio und Fairness. Das entspricht dem Dreieck der Nachhaltigkeit, nach welchem ökologische, soziale und wirtschaftliche Komponenten zusammen gehören. Während das Bio Siegel vor allem ökologische Aspekte reguliert, so sind es beim Fairtrade Siegel soziale und wirtschaftliche Aspekte. 

Bio Siegel - Biokaffee

Das Bio Siegel der EU ist, wie oben geschildert, für als „bio“ oder ähnlich bezeichnete Nahrungsmittel vorgeschrieben. Es prangt auf Produkten, die (weitestgehend) unter ökologischen Bedingungen angebaut und verarbeitet werden. Es kontrolliert also die ersten Stufen der Wertschöpfungskette, unabhängig von der Größe der Betriebe oder den Beschäftigungsverhältnissen.

Im Gegensatz dazu ist das Fairtrade Siegel auf die Stufen der Wertschöpfungskette ausgelegt, die nach Anbau und Produktion bzw. parallel folgen: Nämlich den fairen Handel. Damit ist eher ein soziales Siegel, dass z.B. im fairen Kaffeehandel zur Förderung von Kleinbauern und Arbeitern in den Anbauregionen beiträgt. Sie werden stärker am Endpreis des Kaffees beteiligt und in Entwicklungsprojekten vor Ort unterstützt – das kann z.B. auch die schrittweise Umstellung auf den biologischen Anbau sein. Ähnliche Möglichkeiten – nur eben nicht unter dem Dach vom Fairtrade Siegel – bietet übrigens Direct Trade, wie wir ihn vollziehen. Teste unseren Happy Coffee, wenn du einen fair gehandelten Bio-Kaffee ausprobieren willst!

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Heidi Happy Coffee
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Heidi ist die "Kaffee-Doktorin" bei Happy Coffee: Zusammen mit Christian hat die promovierte Betriebswirtin das Unternehmen 2008 gegründet und schreibt ausführlich über alle Themen aus der Kaffee-Szene. Egal ob Kaffee-Zubereitung, Kaffeezubehör oder Kaffeespezialitäten - Heidi recherchiert, probiert, fotografiert und berichtet ausführlich für unsere Leserschaft. Privat trinkt sie am liebsten handgefilterten Kaffee zu einem gesunden Frühstück.


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