Kaffeeaufbereitung – diesen Begriff kennst du vielleicht, wenn du dich schon etwas länger mit dem Thema Kaffee beschäftigst und gerne mal neue Sorten ausprobierst. Dabei handelt es sich um eine Information auf Kaffeepäckchen, über die man stolpert. Neben Röstdatum und Röstgrad liest du dort Details zur Herkunft des Kaffees, Anbauhöhe und eventuell Bohnenvarietät, und öfters zu Aromen, nach denen der Kaffee schmeckt. Was du ebenfalls immer wieder finden kannst, sind Hinweise zur Kaffeeaufbereitung: Mal gewaschen / Washed, mal sonnengetrocknet / Natural, ab und zu Honey Processed oder jüngst Anaerobe Fermentation – doch was bedeutet das?
Wir klären in diesem Artikel, was es mit den Arten der Kaffeeaufbereitung auf sich hat und sagen dir, ob die jeweilige Variante einen Einfluss auf den Geschmack in der Tasse hat. Klar ist jedenfalls: Wenn bei der Verarbeitung der Kaffeekirschen etwas schief geht, leidet die Qualität des Kaffees. Darum befassen wir uns hier ebenfalls mit den wichtigsten Standards.

1. From Farm to Cup: Der Weg von Kaffeebohnen
Zunächst schauen wir uns kurz den Weg einer Kaffeebohne vom Anbau im Ursprungsland bis in deine Tasse an. Kaffeepflanzen (siehe oben) tragen erst nach 3 bis 4 Jahren Früchte. Diese Kaffeekirschen werden entweder per Hand oder auf größeren Kaffeeplantagen, beispielsweise in Brasilien, mit einer Maschine geerntet. Anschließend werden sie per Hand sortiert, damit auch wirklich nur die reifen und roten Kirschen weiterverarbeitet werden, denn auch der Reifegrad entscheidet über die Qualität des Kaffees.
Bei der folgenden Verarbeitung werden die Kaffeebohnen, die eigentlich die Samen bzw. Kerne der Kaffeefrucht sind, vom Fruchtfleisch befreit. Für diesen Vorgang – bekannt als Kaffeeaufbereitung – gibt es unterschiedliche Methoden, die je nach Herkunft der Kaffees verwendet werden. Zu den gängigsten gehören die gewaschene Aufbereitung und die sonnengetrocknete Aufbereitung. Alle weiteren können als Zwischenstufen (Honey Processing) oder als Abwandlung (Anaerobe Fermentation) dieser beiden Formen betrachtet werden.
Das Ergebnis der Kaffeeaufbereitung sind die grünen Bohnen bzw. Rohbohnen, die anschließend exportiert und in der Rösterei deines Vertrauens geröstet sowie abgepackt werden. Dann werden sie von dir gebrüht und landen als aromatischer Kaffee in deiner Tasse 😉

Diese verdichtete Zusammenfassung der wesentlichen Schritte dauert in Echtzeit vom Ernten der Kaffeekirschen bis zum Export der Rohbohnen mehrere Wochen bis Monate. Was nun genau bei der Kaffeeaufbereitung passiert, liest du jetzt.
2. Kaffeeaufbereitung: Welche Arten gibt es?
Beiden klassischen Arten der Kaffeeaufbereitung ist gemein, dass das Fruchtfleisch der Kaffeekirsche (Pulpe) von den Kaffeebohnen getrennt wird. Bei der gewaschenen Aufbereitung geschieht das unmittelbar nach der Ernte mittels einer sogenannten Washing Station, bei der sonnengetrockneten Aufbereitung hingegen erst nach dem Trocknungsvorgang auf Trockenbetten. Übrigens lassen sich getrocknete Kaffeekirschen als Cascara (Kaffeekirschentee) weiterverwenden.
Je nach Art der Kaffeeaufbereitung befinden sich danach auf der Rohnbohne nur noch das Pergamenthäutchen samt Mucilage (Schleim- bzw. Pektinschicht) sowie das Silberhäutchen, die im weiteren Verlauf ebenfalls maschinell entfernt werden und so die Rohbohne freigeben. Übrigens hat die Mucilage einen ganz besonderen Einfluss auf den Geschmack – dazu aber gleich mehr.
2.1 Dry Processed / Natural Coffee
Die sonnengetrocknete Kaffeeaufbereitung ist verhältnismäßig einfach zu bewerkstelligen und hat eine lange Tradition, vor allem in Ländern, wo Wasser bzw. Regen rar sind, wie beispielsweise in Äthiopien und in Teilen Brasiliens. Im deutschen Sprachgebrauch wird besonders in der Specialty Coffee Branche auch von Naturals, also natürlich verarbeiteten Kaffees, gesprochen oder vom sogenannten Dry Processing, der trockenen Verarbeitung.
Was passiert dabei? Nach der Ernte werden die reifen Kaffeekirschen typischerweise auf Trockenbetten bzw. –tischen oder Zementböden in der Sonne getrocknet. Teils liegen sie auch schon einmal auf Matten am Straßenrand oder direkt auf dem gestampften Lehmboden aus.

Die Trocknungsphase dauert 2 bis 3 – in seltenen Fällen 5 – Wochen und die komplette Frucht wird hierbei der prallen Sonne ausgesetzt. Wer jetzt an Schimmelbildung denkt, hat mit jener Gefahr recht. Daher ist es unbedingt notwendig, die Kaffeekirschen bei der trockenen Kaffeeaufbereitung regelmäßig zu wenden; und auf Trockenbetten klappt das am besten. Durch die lange Zeit, die das Fruchtfleisch an der Bohne verbleibt, gehen die Zuckermoleküle der Mucilage dann in die Kaffeebohnen über. Das Resultat: Fruchtig-süße Kaffees! Abschließend wird die getrocknete Pulpe durch Reibung und Druck maschinell entfernt und die Rohbohnen ein letztes Mal sortiert, bevor sie in den Export gehen.
Kaffeekenner und Baristas weltweit lieben oder hassen Naturals aus genau diesem Grund. Für viele ist die Fruchtsüße, die durch trockene Kaffeeaufbereitung entsteht, das Argument für Naturals. Für die anderen sind die wilden, weinähnlichen und fermentierten Noten ein No Go.
Damit es nicht zu solch eher unerwünschten Geschmacksnoten bei Naturals kommt, gibt es inzwischen weltweit Qualitätsverbesserungen: Etwa hochwertigere Trockenbetten, Netze für langsameres und schonenderes Trocknen, und natürlich Schulungen der Produzenten hinsichtlich der akribischeren Selektion – um reife von unreifen Kaffeekirschen zu trennen.

2.2 Wet Processed / Washed Coffee
Das Wet Processing wird in vielen kaffeeanbauenden Ländern verwendet, inzwischen auch dort, wo traditionell das Dry Processing Anwendung fand, wie etwa in Äthiopien. In einem Land also, wo ohnehin schon Wasserarmut herrscht. Da kann man sich die Frage stellen, wie nachhaltig diese Form der Kaffeeaufbereitung ist. Auf einigen Farmen wird das Wasser jedoch immerhin wiederaufbereitet, um weiter genutzt zu werden.
Bei der gewaschenen Kaffeeaufbereitung („fully washed“) bzw. dem Wet Processing wird das Fruchtfleisch mithilfe von viel Wasser und unter maschinellem Einsatz der sogenannten Wet Mills von der Kaffeebohne entfernt. Spätestens acht Stunden nach der Ernte sollte dieser Vorgang passieren, da sonst unerwünschte Gärungsprozesse einsetzen können.

Nach der Ernte wird in der Wet Mill mittels Entpulper zunächst die Pulpe entfernt, indem die Rohbohnen aus der Kirsche gequetscht werden. Danach löst man die Mucilage mit dem Mucilage Remover, wieder mithilfe von viel Wasser, von den Bohnen. Beim anschließenden Tauchbad in Fermentationstanks werden letzte Fruchtfleisch- und Mucilagereste entfernt sowie erneut eine Selektion vorgenommen: Gute Kaffeebohnen sinken zu Boden, schlechte schwimmen als „Floaters“ an der Wasseroberfläche und werden aussortiert.
Je nach Anbauregion dauert das Bad im Fermentationstank zwischen 24 und 72 Stunden. Dank kaffeeeigener Enzyme findet kontrolliertes Fermentieren statt, weil Mikroorganismen die Gärung aktivieren. Dies sorgt für eine schonende Entfernung der Mucilagereste. Auch der Geschmack der Kaffeebohnen wird verändert, dazu später mehr bei den fermentierten Kaffees.
Bevor die Rohbohnen exportiert werden können, muss abschließend die Pergamenthaut („parchment“) und zum Teil das darunter liegende Silberhäutchen entfernt werden – man spricht deshalb auch von Parchment Coffees. Das Entfernen passiert jedoch erst kurz vor dem Export, da diese Häutchen eine natürliche Aromen- und Geschmackskonservierung darstellen.

Nach den intensiven Waschvorgängen müssen die Bohnen noch bis zu 10 Tage auf Trockenbetten in die Sonne, und werden in der Mittagshitze sowie nachts abgedeckt und schrittweise an mehr Sonnenlicht gewöhnt. Die Pergamenthaut schützt die empfindlichen Bohnen und stellt sicher, dass der Trockenvorgang langsam und gleichmäßig abläuft. Nach 10 bis 14 Tagen erreichen die Kaffeebohnen eine Restfeuchte von 10,5 bis 11,5% und können exportiert werden.
2.3 Mischverfahren: Honey Processing
In einigen Ländern, Costa Rica ist hier der Spitzenreiter, werden Mischformen aus nasser und trockener Kaffeeaufbereitung angewendet. In der Fachsprache wird dies Honey Processing genannt. Hierbei fließt aber nicht etwa Honig in den Verarbeitungsprozess ein; sondern die Mucilage als schleimige und süßliche Aromen bildende Pektinschicht. Sie spielt eine wesentliche Rolle, dabeim Trocknen mehr oder weniger davon an der Bohne verbleibt.
Je nach gewünschter Intensität der Süße wird entschieden, ob wenig (White oder Yellow Honey), mittel (Red Honey) oder viel (Black Honey) vom Fruchtfleisch vor dem Trocknen entpulpt wird. Im Vergleich zur trockenen Kaffeeaufbereitung sind die Kaffeebohnen hierbei nicht so anfällig für Fäulnis, da weniger von der Pulpe an der Bohne verbleibt, die Süße dennoch in sie übergeht.

Werden Honey Processed Kaffees gut aufbereitet, weisen sie die Qualitäten beider Aufbereitungsarten auf: Die Süße von Naturals und die Klarheit von Washed Coffees.
Pulped Natural Processing ist dem Honey Processing sehr ähnlich und findet oft in Brasilien Anwendung. Dort wurde es entwickelt, um den Trocknungsprozess gegenüber dem von Naturals zu beschleunigen. Dementsprechend ist das Geschmacksprofil nicht ganz so intensiv fruchtig, sondern weist eher Aromen von gerösteten Nüssen oder Schokolade auf.
2.4 Mischverfahren: Fermentierte Kaffees
Zu den moderneren Aufbereitungsarten zählen auch fermentierte Kaffees, wobei es verschiedene Arten gibt. Alle diese Gärungsprozesse laufen unter Ausschluss von Sauerstoff ab – egal ob er nun bewusst den Fermentationstanks entzogen wird oder nicht.
Bei der anaeroben Fermentation werden die Kaffeebohnen zunächst von der Pulpe befreit und kommen anschließend unter Ausschluss von Sauerstoff bis zu 20 Stunden in Fermentationstanks – unter Zugabe der Fruchtfleischreste. Diese Art der Kaffeeaufbereitung wird in letzter Zeit gern von Specialty Coffee Röstereien vermarktet, um eine besondere Art und Weise der Verarbeitung zu demonstrieren, die in einer außergewöhnlich leckeren Tasse Kaffee münden soll. Kritiker behaupten ja, qualitativ mittelmäßige Kaffees würden mit dem Label „anaerob fermentiert“ versehen, um als Specialty Coffee zu gelten und eventuell schlechtere Qualität mit dem Verarbeitungsprozess zu überdecken. Wenn man es richtig macht, schmecken anaerob verarbeitete Kaffees aber cremig-weich und haben eine komplexe und teils wilde Säure.

Carbonic Maceration (Kohlensäure-Mazeration) stammt aus der Weinindustrie, bei der die komplette Kaffeekirsche in den Fermentationstanks unter Zugabe von Kohlendioxid kontrolliert fermentiert und dann weiterverarbeitet wird. Hier sind beide Arten der Kaffeeaufbereitung möglich, gewaschen als auch getrocknet. Diese Form der Fermentation bringt teils sehr interessante Geschmacksnoten mit sich, wie etwa reife Kirschen, Rotwein, Whisky, Noten von Banane oder gar Kaugummi.
Bei der Fermentation mit Bakterien bzw. Hefen werden den Fermentationstanks die entsprechenden Kulturen zugegeben, z.B. von Früchten oder Milchsäure. Weil sich die Bakterien vom Zucker in der Mucilage der Kaffeebohnne ernähren, bildet sich z.B. bei der Milchsäure-Gärung Milchsäure, die in deiner Tasse tatsächlich für milchige Anklänge sorgen kann. An einem bestimmten Punkt wird die Fermentation gestoppt und die Kaffeebohnen ähnlich der gewaschenen Aufbereitung weiterverarbeitet.
3. Geschmackstest: Natural vs. Washed Coffee
Ein wenig haben wir es bereits angedeutet und vielleicht wurde es anhand der vorherigen Beschreibung schon ersichtlich: Ja, die Art der Kaffeeaufbereitung hat Einfluss auf den Geschmack in unserer Tasse! Aber worin bestehen Unterschiede und wie kannst du das herausschmecken?
3.1 Typische Noten von Natural Coffee
Wie schmecken Naturals typischerweise? Sonnengetrocknet aufbereitete Kaffees haben fruchtig-beerige, süße bis fein säuerliche Aromen, die beim Trocknen von der Kaffeekirsche in die Roh-Bohnen ziehen. Ein Beispiel wie aus dem Bilderbuch ist unser Happy Coffee Volcano aus Costa Rica, intern auch gern „Fruchtkörbchen“ genannt 😉 Die einen lieben das, die anderen nicht. Kritiker sagen nämlich, dass jene dominanten, intensiven Aromen die Charakteristiken des Anbaugebiets bzw. der Kaffeepflanze überdecken könnten – und Naturals ihre Noten dann allein wegen ihrer Aufbereitungsart haben. Stimmt das?
Nun, bei Naturals kommt es (wie bei jedem guten Kaffee!) sehr stark auf die Expertise des Kaffeeproduzenten und auch des Rösters an. Es gilt beispielsweise, den Abstand der Rohbohnen auf den Trockenbetten zu wahren und sie regelmäßig zu wenden – damit sie nicht überfermentieren, und schlimmstenfalls wie Weingummi, vergorenen Früchte oder Essig schmecken. Genauso müssen der Restzuckerwert und die Röstung exakt überwacht werden. Im Idealfall schafft man so eine gute Balance aus Terrain und Aufbereitungsart in der Tasse, und einen Natural Coffee, der begeistert.
Tatsächlich kann ein Natural sehr lecker schmecken, intensiv fruchtig-beerig und mit süß-säuerlichen Aromen, die der Obstkorb so hergibt. Der Happy Coffee Sao Silvestre etwa (Natural, anaerob fermentiert) schmeckt nach Papaya, Guave und Pflaume; und der Happy Coffee Capim Branco (Natural, Omni Roast) nach Blaubeere, Mandarine, Schokolade und Macadamia.

Außerdem weisen viele Naturals tendenziell eine geringere Säure auf. Das liegt daran, dass auf den Trockenbetten der Säuregehalt der Rohbohnen reduziert und der Anteil an Zucker erhöht wird, weil die „süßlichere“ Kaffeekirsche drum herum fermentiert. Und dies wiederum sorgt für einen volleren Körper (intensiveres Mundgefühl) des Kaffees in der Tasse.
3.2 Typische Noten von Washed Coffee
Washed Coffees schmecken definitiv anders als Naturals, aber gibt es auch hier typische Noten? Nun, gewaschen aufbereitete Kaffees werden als lebhaft, komplex, klar/sauber („clean“) und süß mit milderem Körper beschrieben. Sie sollen den authentischen, ureigenen Geschmack der Kaffeebohne stellvertretend für ihre Anbauregion und Varietät besser widerspiegeln als Naturals, weil bei der Kaffeeaufbereitung die Kaffeekirsche eine untergeordnete Rolle spielt. Logisch, denn sie wird bereits beim Waschen entfernt und kann, anders als bei Naturals, während dem Trockenvorgang keine Aromen mehr an den Rohkaffee abgeben. Bei Washed Coffees dominiert also weniger der Geschmack der Kaffeefrucht (Kaffeekirsche), sondern viel mehr ihres Samens (Kaffeebohne).
Die Rohbohne enthält den Großteil der Säuren, weswegen sich bei Washed Coffees typische Noten entfalten. Sie können mal zitrusartig (z.B. Limette, Bergamotte, Orange), mal blumig bzw. floral sein, oder zum Teil sogar ein leichtes Prickeln auf der Zunge verursachen. Übrigens kann die Kaffeekirsche auf das Säureprofil doch noch ein wenig Einfluss nehmen, da Pulpe und Mucilage in den Wet Mills zwar von den Rohbohnen getrennt werden, über das Wasser aber zumindest eine Weile Kontakt mit ihnen haben. Damit das Ergebnis nicht essigartig, sondern balanciert ausfällt, muss der pH-Wert bei der nassen Kaffeeaufbereitung immer kontrolliert werden.
Das heißt jedoch nicht, dass gewaschene Kaffees unbedingt einen hohen Säuregehalt haben oder gar sauer sind. Viele weisen neben geschmacklich erwünschten, feinsten Säuren auch sehr feine Fruchtnuancen auf – zum Beispiel der Happy Coffee Puno aus Peru. Manche, wie der Happy Coffee Chiang Mai, verströmen sogar teeartige (z.B. schwarzer Tee, Earl Grey) und florale Noten (z.B. (Jasmin).

3.3 Ausnahmen bestätigen die Regel
Wie sagt unser Röstmeister so schön: „Du kannst aus Kaffeebohnen nur das rausholen, was auch wirklich drin ist.“ Sprich: Egal ob Natural oder Washed Coffee, die charakteristischen Noten des Anbaugebiets – bestimmt durch Faktoren wie geographische Lage, Wuchshöhe, Klima und Boden – sowie die Varietät legen den Grundsein, der mit sorgfältiger Kaffeeaufbereitung und Röstung geschliffen werden will.
Bestimmte Bohnensorten
Je nach Herkunftsland und Region bringt jeder Kaffee andere Aromen bzw. Geschmacksnoten mit sich, die in keinem nennenswert engen Zusammenhang zur Aufbereitung stehen. Beispielsweise wird diskutiert, ob die Art der angebauten Schattengewächse (z.B. Banane, Zitrusfrüchte, Macadamia, Kakao, Avocado und Co.) über den Boden und die Insektenbestäubung auf die Kaffeepflanze übergehen. Dies geschieht völlig unabhängig von der Kaffeeaufbereitung. Dann kann z.B. auch ein Washed Coffee sehr fruchtig sein, nur eben vielleicht nicht so intensiv wie ein Natural, sondern viel feiner.
Weniger Auswirkung als gedacht haben übrigens die Bohnensorten. Denn in fast jedem kaffeeanbauenden Land werden inzwischen dieselben Kaffeearten bzw. Varietäten kultiviert: Typica findest du beispielsweise sowohl in Mittel- und Südamerika, als auch in Indonesien. Doch die Anbaubedingungen vor Ort wirken sich dann durchaus darauf aus, wie die Varietät gedeiht, aufbereitet wird und letztlich in der Tasse schmeckt.

Standards in der Kaffeeaufbereitung
Ja, mit der trockenen Kaffeeaufbereitung könnte man typische Noten einer Rohbohne eher überdecken, während die nasse Kaffeeaufbereitung oft für betonte Noten steht. Dennoch sieht dieselbe Methode überall etwas anders aus, und führt entsprechend zu anderen Ergebnissen. Zunächst kommt es auf die Sorgfalt an: Schmeckt ein Natural nicht mehr fruchtig-süß, sondern wie überreifes oder vergorenes Obst, ist etwas schief gegangen. Genau dasselbe trifft zu, wenn ein Washed Coffee an Essig erinnert.
Zudem weist nicht jedes Anbauland die notwendigen Voraussetzungen auf, denen es für einen gewaschenen oder einen sonnengetrocknet aufbereiteten Kaffee bedarf. Das fängt an bei den finanziellen Mitteln der Farmer an und reicht bis hin zu deren Expertise für die jeweilige Aufbereitungsart. Beispielsweise kann sich nicht jede Farm eine eigene Washing Station leisten und bringt die Säcke mit den Kaffeekirschen vielleicht eher zu einer Kooperative, die aufgrund der gebündelten Ressourcen weniger veraltete Maschinen hat. Moderne Geräte schöpfen inzwischen beschädigte, leichtere Kaffeekirschen vor dem Entpulpen ab, da diese im Tank oben schwimmen. Oder sie verfügen über Green Cherry Separators, die dem Entpulper vorgeschaltet sind und automatisch grüne, unreife Kaffeekirschen aussortieren.

Hingegen kommt es bei Naturals mitunter darauf an, ob es Trockenbetten und entsprechende Vorkehrungen gibt, die verhindern, dass sich Schimmel beim Trocknen bilden kann. Oder trocknen die Kaffeekirschen nach wie vor auf dem Lehmboden und sind der Witterung / dem Klima hilflos ausgeliefert?
4. So findest du deinen Lieblingskaffee
Unabhängig von der Kaffeeaufbereitung hat jeder seine eigenen Präferenzen, wenn es um den täglichen Genuss geht. Ob als Handfilter oder Cappuccino zubereitet, mit oder ohne Milch / Milchersatz bzw. Zucker, entscheidend ist, was dir persönlich schmeckt. Wie kannst du nun mit dem Wissen zu den verschiedenen Aufbereitungsarten deinen Lieblingskaffee finden? Hier kommen ein paar Tipps.
4.1 Welcher Geschmackstyp bist du?
Beim Geschmack spielt die Kaffeeaufbereitung wie gesagt eine Rolle, aber es kommt noch auf viele weitere Faktoren an. Wer dennoch wissen will, ob er oder sie eher „Team Natural“ oder „Team Washed“ ist, könnte es an diesen vorsichtigen Tendenzen ablesen:
- Natural Coffee: Du magst es intensiv fruchtig, beerig, süßlich-säuerlich, und scheust dich nicht vor ausgefallenen Geschmacksspitzen. Wenn es echt speziell sein darf, bieten sich auch fermentierte / Honey Processed Coffees an.
- Washed Coffee: Dein Kaffee sollte eher balanciert sein, komplex aber rund im Mund. Du magst zitrusartige, floral, nussige oder teeähnliche Aromen, und schätzt eine ausgewogene feine Säure in deiner Tasse.

Falls du dich nun fragst: Was soll ich aber trinken, wenn es Schokoladennoten sein sollen? Oder mein Kaffee schön würzig und kräftig sein soll? Nun, dann könnten sowohl Naturals als auch Washed Coffees Frage kommen – was uns zum Thema Röstung bringt, einen weiteren sehr entscheidenden Faktor beim Kaffeegeschmack.
4.2 Achte auf die Röstung!
Sehr großen Einfluss auf den Charakter eines Kaffees, egal ob gewaschen oder trocken aufbereitet, hat das Rösten. Denn die Maillard-Reaktion bzw. das sogenannte Sugar Browning während des Röstvorgangs kitzelt Röstaromen aus der Kaffeebohne, die den Kaffee je nach Röstprofil und Herkunft nussig-schokoladig, karamellig oder würzig schmecken lassen. So kann der Röster dem Geschmacksprofil eines Naturals oder Washed Coffees Charakter und Ausdrucksstärke hinzufügen. Es kommt dabei darauf an, eine ausgewogene Balance bzw. den Sweet Spot herauszuarbeiten.
Eine zu dunkle Röstung überdeckt die Eigenheiten der Kaffeepflanze, so dass ein eigentlich fein ausbalancierter (gewaschener) Kaffee nur noch verbrannt schmeckt. Das umgekehrte Problem kann bei sehr hellen Röstungen auftreten: Unterentwickelte Kaffees, die nicht lange oder heiß genug geröstet wurden, weisen unerwünschte Noten von Tomaten, Erbsen oder anderem Gemüse, Kräutern oder gar Gras auf.
Genau aus diesem Grund ist Kaffeerösterei ein Handwerk und eine große Kunst. Eine besondere Herausforderung – als Abkehr von der Unterscheidung zwischen Filter- und Espressoröstung – sind die sogenannten Omni Roasts. Dabei handelt es sich um mittlere Röstungen, die für (fast) alle Zubereitungsarten funktionieren und je nach Brühmethode andere Aromen und Geschmacksnoten aus einem Natural oder Washed herausholen. Mit dem Happy Coffee Capim Branco aus Brasilien kannst du so eine gelungene Omni Roast einmal selbst ausprobieren 😉

4.3 Achte auf die Zubereitungsparameter
Egal ob Natural, Washed, fermentiert oder nicht: Auch bei der Zubereitung kann einiges schief gehen. Zunächst einmal sollte der Kaffee nicht alt sein, denn mit der Zeit nimmt auch das beste Aroma ab, besonders wenn der Kaffee vorgemahlen ist. Dann solltest du neben Mahlgrad, Wasserqualität und –temperatur, Brühmethode und Co. vor allen Dingen ausprobieren, was dir schmeckt. Für mich persönlich gilt: Nicht alle Aufbereitungsarten und Kaffeeursprünge eignen sich für jede Zubereitung!
Ganz besonders deutlich merkte ich das bei einem Cold Brew, den ich mit einem Natural aus Uganda als Omni Roast zubereitete. Cold Brew mit einem Natural kann unglaublich lecker sein, muss es aber nicht. Besonders Kaffees, die sehr speziell sind und weinähnliche oder (im positiven Sinne) gar fermentierte Noten haben, können als Cold Drip, Cold Brew oder Flash Brew (über Eiswürfeln gebrüht) kippen, zu Deutsch also grauenvoll schmecken. Washed Coffees sind im Zweifel die bessere Alternative. Genauso wenig sind extreme Naturals nicht für Vollautomaten geeignet, da sie ihre Aromen nach unserer Erfahrung besser mit Filtermethoden entfalten.

4.4 Experimentiere und bilde dich weiter
Beim Verkosten sollte man grundsätzlich nicht trockene und nasse Kaffeeaufbereitung bzw. Naturals mit Washed Coffees vergleichen, ohne auf das Herkunftsland und den Röstgrad zu achten. Um ein repräsentatives Bild zu erhalten, empfiehlt es sich etwa, helle Röstungen der jeweiligen Aufbereitung miteinander zu vergleichen und mittlere bzw. dunkle Röstungen.
Außerdem macht es Sinn, Kaffees desselben Ursprungslandes, also einen Washed aus Äthiopien mit einem Natural aus Äthiopien, parallel zu verkosten. Denn neben der Aufbereitung haben viele Faktoren – Herkunft, Varietät und Röstung – einen Einfluss auf den Geschmack in deiner Tasse. Und wenn du Bohnen aus derselben Region in unterschiedlicher Aufbereitung vergleichst, stellst du eventuell doch für dich charakteristische Tendenzen fest – die du magst oder eben nicht.
Und nicht zuletzt solltest du deine verkosteten Kaffees mit derselben Brühmethode aufbrühen, damit sich ein objektiveres Bild ergibt und du schließlich den für dich leckersten Kaffee findest 🙂
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Was für eine goßartige, kompakte und lehrreiche Abhandlung dieses komplexen Themas. Ich danke den Verfasserinnen herzlich.👍👍🙂
Danke für das Feedback! Da freuen wir uns sehr und geben das Kompliment gerne an die Autorinnen weiter.
Hoffentlich stand das nicht irgendwo in Artikel und ich habs nur überlesen. Mich würde aber interessieren wie viele der Bohnen (weltweit) washed und wie viele natural sind.
Schöner Artikel übrigens 🙂
Ein großartiger und lehrreicher Artikel. Jetzt habe ich hoffentlich den Unterschied zwischen natural und washed intus. Als blutiger Laie bleibt mir aber noch eine Frage: Was sagt mir semi(halb?)washed?
Hallo Johann,
Vielen Dank, es freut mich, dass dir der Artikel gefällt 🙂
Bei Semi Washed Coffee handelt es sich um eine „halbtrockene“ Aufbereitung. Am Anfang nehmen die Rohbohnen denselben Weg wie bei der nassen Aufbereitung, also Sortieren und Waschen inklusive Entpulpen. Anschließend kommen sie aber nicht zum Fermentieren in die Wassertanks, sondern werden sofort zum Trocknen ausgelegt. Teils wird dies auch „Honey Processing“ genannt, weil die Mucilage beim Trocknen erhalten bleibt – und für honigsüße Aromen sorgen soll. Mehr dazu hier: https://www.happycoffee.org/blogs/kaffeespezialitaeten/kaffeekultur-kaffeetrends-asien/#Yellow_Red_oder_Black_Honey_Processed_Coffees
Ich hoffe, das beantwortet deine Frage 🙂
Viele Grüße
Heidi