Kaffeesatz Decafe Design

Decafé: Wie ein spanischer Designer aus Kaffeesatz Lampen und mehr macht

Man stelle sich vor: Du stehst frühmorgens auf, tapst noch schlaftrunken in die Küche, knipst die Lampe an und schon erfüllt ein wunderbarer Kaffeeduft die Luft. Und zwar noch bevor du es überhaupt geschafft hast, dir deinen Frühstückskaffee zuzubereiten. Dieser Traum vieler Kaffeeliebhaber ist jetzt bereits Wirklichkeit geworden!

Denn ein spanischer Produktdesigner namens Raúl Laurí Pla aus Alicante hat Wohngegenstände und Möbelaccessoires entworfen, die das köstliche Aroma feinster Kaffeebohnen in die Wohnung verteilen: Seine Objekte bestehen aus Kaffeesatz! Seine Kollektion nennt sich decafé und heimst gerade einen Preis nach dem anderen ein – unumstrittener Höhepunkt war der erste Preis beim Salone Sattelte Award auf der Designmesse in Mailand. Darüber wollten wir natürlich mehr wissen.

1. Decafé: Kaffeesatz verwerten für Designstücke

Kaffeesatz, also der Rückstand, der beim Kaffeemachen aus dem aufgebrühten Kaffeepulver entsteht, landet meistens ungenutzt auf dem Müll. Bestenfalls dient er umweltbewussten Kaffeetrinkern noch als biologisches Düngemittel für die Balkonpflanzen. Was für eine unnütze Verschwendung, dachte sich der junge Spanier Raúl Laurí!

So entwickelte er ein Verfahren, mit dem aus Kaffeesatz unter Zugabe von Biobindemittel unter Druck und Wärme ein Rohstoff entsteht, den mann in bestimmte Formen pressen kann. Die genaue Vorgehensweise ist natürlich top secret. Schließlich forschte und probierte Laurí jahrelang herum, bis das Material so fest und stabil wurde, das es für alltägliche Objekte geeignet war. Der findige Designer (unten links im Bild) hat sein Verfahren darum bereits erfolgreich patentieren lassen.

Decafé - Gründer

Ein feiner Kaffeeduft geht von den Objekten aus

Den Objekten – wie zum Beispiel diversen Hängeleuchte, Bodenlampen und Schalen – sieht man nicht nur an, woraus sie stammen, man riecht es auch: Ein feiner, sehr dezenter Kaffeeduft wird verströmt… der bei Lampen umso intensiver ausfällt, wenn sie angeschaltet und warm werden.

Die Wohnobjekte sind dabei durchaus robust und haben eine überdurchschnittlich lange Lebensdauer. Falls sie aber doch einmal ihren Dienst getan haben, können sie getrost auf dem Kompost entsorgt werden – bei Lampen selbstverständlich vorausgesetzt, dass die Leuchtmittel zuvor entfernt worden sind.

Gesammelter Kaffeesatz als biologisch abbaubares Material

Den Kaffeesatz erhält Raúl Laurí, der ursprünglich aus dem Südosten der iberischen Halbinsel stammt und mittlerweile in Madrid wohnt, von Cafés und Coffeeshops aus seiner direkten Umgebung. Ein guter Ansatz, denn schließlich sind die Spanier mit einem Jahresverbrauch von 4,41 Kilogramm Rohkaffee pro Kopf im vorderen Mittelfeld in Europa vertreten (Quelle: Statista). Eine super Idee, deren Kaffeesatz wieder zu verwerten!

Mit decafé hat der junge Designer also eine Kollektion geschaffen, die nicht nur ästhetischen Ansprüchen genügt – sondern auch dadurch glänzt, dass sie zu einem Großteil aus Bioabfall besteht, biologisch abbaubar ist sowie dem Boden Nährstoffe zufügt. Auch bei seinem patentierten Herstellungsverfahren achtet Laurí auf eine nachhaltige Produktion: Die Temperatur beim Festigungsprozess des Material wird relativ niedrig gehalten und es wird auf die Anwendung erneuerbarer Energien Wert gelegt.

2. Agentur Halbinsel: Spanisches Design für Deutschland

Dass die Designobjekte aus Kaffeesatz von Raúl Laurí nun auch in Deutschland erhältlich sind, dafür ist Luis Araújo verantwortlich. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Javier Benítez betreibt er in Berlin die Handelsagentur „Halbinsel“, die den Deutschen modernes spanisches Design schmackhaft machen will. Aufgewachsen im Herzen Spaniens, der historischen Metropole Toledo, war ihm die Leidenschaft für Mobiliar und Wohngegenstände schon in die Wege gelegt – schließlich betreiben seine Eltern seit 35 Jahren ein Möbelgeschäft.

Ein Auge für modernes Design

Während der Familienbetrieb hauptsächlich klassische Einrichtungsgegenstände im Sortiment hatte, interessierte sich Araújo schon in jungen Jahren für modernes Design. Doch bevor er 2012 schließlich beschloss, seine Leidenschaft zum Beruf zu machen und die Agentur Halbinsel zu gründen, musste er erst einige Umwege auf sich nehmen.

Der diplomierte Ingenieur arbeitete jahrelang als Sales Representative im Bereich erneuerbare Energien – ein Thema das ihn auch heute noch stark interessiert, sicherlich auch ein Grund, warum er von Raúl Laurís Idee, Designobjekte aus Kaffeesatz zu kreieren, so begeistert war. Er weiß um die kreative Energie, die von Spaniens junger Designerszene ausgeht und möchte diese nach Deutschland transportieren.

Für einige Designer ist Halbinsel bereits exklusiver Vertreter in Deutschland, wer sich zum Beispiel für Laurís decafé-Objekte interessiert, der wendet sich in erster Instanz an die Handelsagentur.

Decafé Lampen

Ein Netzwerk für junge spanische Unternehmer in Deutschland

Doch Halbinsel-Gründer Luis Araújo und seinem Co-Founder Javier Benítez geht es um weit mehr als nur um den Vertrieb spanischen Designs. Gerade wird daran gearbeitet, ein Netzwerk für Spanier aufzubauen, die sich in Berlin eine Existenz aufbauen wollen. Eine gute Idee, denn vor allem in die Hauptstadt Berlin zieht es jedes Jahr mehr und mehr junge Spanier – manche davon ohne Plan, andere mit großen Plänen. Mit einem akademischen Abschluss in der Tasche möchten sie der andauernden Krise ihres Landes entfliehen, um sich hier ein besseres Leben leisten zu können.

Neben diesem Netzwerk, dass zukünftige Entrepreneure beraten und unterstützen und einen Austausch untereinander ermöglichen möchte, hat Halbinsel noch weitere Projekte im Visier. Die Agentur sieht sich als Vertreter spanischen Designs in Europa. Man will also nicht nur verkaufen, sondern auch der Experte für modernes Design von der iberischen Halbinsel sein. Denn „das eine spanische Design“ gibt es nicht, so Araújo:

„Die Macher des zeitgenössischen Designs aus Spanien bilden keine homogene Szene. In den letzten 40 Jahren haben sich neue Gestalter und neue Marken etabliert und Designer wie Javier Mariscal und Oscar Tusquets sind über die Landesgrenzen hinaus bekannt geworden. Eine junge Bewegung von Designern beweist ihr Bewusstsein für soziale und ökologische Themen. Sie finden alternative Produktionswege und passen sich den schnell ändernden Marktanforderungen flexibel an.“

Decafé Objects

3. Lampen, Schalen, Schüsseln aus Kaffeesatz: das Sortiment von decafé

Gut möglich, dass bald in mehreren Cafés die decafé Lampen von Raúl Laurí hängen. Luis von der Agentur Halbinsel hatte schon einige interessante Gespräch mit Café-Besitzern, die von der Idee der Kaffeesatz-Objekte schwer begeistert sind. Die Lampen, Schüssel und Schalen sollen aber nicht nur in die Gastronomie verkauft werden sondern auch für Kaffee-Liebhaber privat zu erwerben sein.

So sind zum Beispiel im Berliner Showroom kollwitz45, im Stadtteil Prenzlauer Berg die decafé-Objekte zu kaufen. Wie passend – schließlich wird der „Prenzlberg“ gerne auch mal der Latte Macchiato-Kiez genannt und die passende Klientel hat sich hier niedergelassen.

Decafé ist eine spannende Upcycling-Idee von Kaffeesatz, die hoffentlich Schule machen wird!

Titelbild und Fotos im Text: decafé / Raúl Laurí

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Sandra Wickert
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Sanfdra hat Publizistik- und Kommunikationswissenschaften studiert. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Ihre Leidenschaften sind Nachhaltigkeit, sowie die Unterstützung der nachhaltigen Fischräucherei ihres Bruders. Die passionierte Teetrinkerin ist seit Happy Coffee auch zu einem Kaffee-Fan geworden.


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