Mit Tampen, manchmal auch Tampern genannt, hat jeder Besitzer einer Siebträgermaschine häufiger zu tun. Denn ein Tamper ist das wichtigste Tool, um den gemahlenen Espresso im Siebträger festzudrücken – und ein Schritt, der den Kaffeegeschmack maßgeblich beeinflusst. Für den Barista ist ein Tamper darum ungefähr dasselbe, wie für den Arzt das Stethoskop oder für den Schriftsteller der Stift! In meinem letzten Artikel habe ich bereits erläutert, wie ein guter Tamper aussehen sollte und dass es bei der Auswahl stark auf eure haptischen und optischen Vorlieben ankommt.
So, und nun habt ihr euren ganz persönlichen und einzigartigen Tamper also gekauft und wollt loslegen. Dazu muss man ja nur die Espressobohnen fein mahlen, in den Siebträger füllen und irgendwie zusammenpressen. Oder wie war das noch gleich? Naja, ganz so einfach ist Tampen wahrlich nicht! Leider kursieren im Internet kursieren viel zu viele Informationen darüber, wie man angeblich zu tampen hat. Falsche, halbwahre und richtige. Und der Schritt vorher, das Leveln, kommt leider meist zu kurz! Mit diesem Artikel möchte ich ein für alle mal alle Techniken zum Leveln und Tampen erläutern und euch aufklären, wie man es richtig macht. Grundsätzlich gilt für alle: Weniger ist mehr!
1. Bevor wir tampen: Leveln nicht vergessen!
Das größte Ziel bei der Espressozubereitung ist, den Kaffee gleichmäßig zu extrahieren. Das heißt, jedes einzelne Kaffeepartikel soll vom Wasser annähernd gleichstark berührt und „angegriffen“ werden, um genau die richtige Menge an Aromen zu lösen. Dabei eine entscheidende Rolle spielt, wie wir den gemahlenen Kaffee im Sieb vorbereiten. Ab dem Moment, in dem wir den Kaffee in den Siebträger geben bis zum ersten Aufeinandertreffen der Kaffeepartikel mit den Wassermolekülen müssen wir sicherstellen, dass das Mahlgut überall gleichmäßig verteilt ist. Im Fachjargon heißt das „Redistribution“ oder „Levelling“.
Warum müssen wir uns über das Leveln überhaupt Gedanken machen? Schließlich sind in vielen Siebträgermaschinen doch Kaffeemühlen integriert und müssten diesen Job mit übernehmen? Ganz einfach: Keine Kaffeemühle auf dem Markt ist in der Lage, den Kaffee senkrecht und perfekt verteilt in den Siebträger zu mahlen. Nach dem Mahlen hast du immer eine unperfekt verteilte Kaffeemenge und eine ungleichmäßige Kaffeedichte im Siebträger. Mal hat man kleine Klümpchen, mal an einer Stelle einen höheren Hügel und an einer anderen ein tieferes Tal. Und wenn ihr mit einer externen Kaffeemühle mahlt und das Kaffeepulver selbst in den Siebträger füllt, wird es nicht besser aussehen.

Oben seht ihr beispielhaft frisch gemahlenen Kaffee im Siebträger. Zwei Sachen sollten euch auffallen: Erstens variiert die Höhe des Mahlguts und zweitens (unabhängig von der Höhe des Kaffeepulvers im Sieb) auch die Dichte. Letzteres erkennt ihr daran, dass die Kaffeekrümel mal lockerer und loser, mal dichter und gepresster zu liegen scheinen. Dieser ungleichmäßigen Verteilung der Kaffeemenge und Kaffeedichte müssen wir nun durch gezieltes Levelling ein wenig entgegenwirken. Und dafür gibt es mehrere Techniken!
a) Leveln mit dem Finger („Finger-Strike Dosing“)
Intuitiverweise benutzen die meisten den Finger, um das Kaffeepulver im Siebträger zu verteilen. Dabei variiert die angewandte Technik, um den Kaffee glatt zu streichen. Es lässt sich meist eine von folgenden Taktiken beobachten:
- Rigorosem Herumstreichen ohne Plan
- Einmal hoch- und einmal runterwischen (Nord-Süd-Methode)
- Einmal hoch, runter, links und rechts wischen (Nord-Süd-West-Ost-Methode)
- Den Kaffee „kreisen“ lassen (Stockfleth-Methode),
Dabei gibt es einen Knackpunkt bzw. riesigen Nachteil, warum der Finger zum Verteilen des Kaffeemehls nicht geeignet ist: So wird es nur an Oberfläche nachjustiert. Sehr wahrscheinlich bleibt die Verteilung der Kaffeemenge und Kaffeedichte tiefer unten im Sieb von diesen Levelling-Versuchen unberührt und nach wie vor ungleichmäßig. Die Oberfläche des Kaffeepulvers im Siebträger mag zwar glatt aussehen, aber die Dichte bleibt heterogen. Diesen Nachteil haben alle Methoden des Finger-Strike Dosings gemeinsam.

b) Leveln durch senkrechtes Klopfen („Knocking“)
Eine andere Levelling-Methode ist es, den Siebträger senkrecht leicht auf die Theke zu klopfen. So „sackt“ das Kaffeemehl nach unten und die Zwischenräume zwischen den einzelnen Kaffeepartikeln werden kleiner bzw. homogener. Damit erreichen wir zumindest eine gleichmäßige Dichte überall im Sieb. Hatte man vorher allerdings eine ungleichmäßige Verteilung des Kafffeepulvers im Sieb – also beispielsweise einen kleinen Hügel in der Mitte – dann wird er da nach wie vor sein. Auch nach dem Klopfen! Ausreichend ist diese Methode des Levelns also noch nicht.

c) Leveln durch waagerechtes Klopfen („Tapping“)
Eine andere Methode des Levelns ist es, mit der Hand an die Seite des Siebträgers zu klopfen. Genau so lange, bis man die Oberfläche des Kaffeepulvers ausreichend glatt und gleichmäßig aussieht. Dieses „Tappen“ ist rein theoretisch am effektivsten: Durch das waagerechte Klopfen des Siebträgers wird zum einen der Kaffee im Sieb aufgelockert und so verteilt, dass die Dichte gleichmäßig ist. Zum anderen kann man durch Variieren der Klopfrichtung die Verteilung der Kaffeemenge im Sieb beeinflussen, bis die Oberfläche schön eben ist.
d) Leveln als Kombination aus Knocking und Tapping
Persönlich benutze ich die Methoden b und c als Kombination: Zuerst klopfe ich den Siebträger einmal leicht auf die Theke, um die gleichmäßige Dichte des Kaffeepulvers sicherzustellen. Dann „tappe“ ich so lange an der Seite des Siebträgers, bis das Kaffeepulver ebenfalls überall im Sieb gut verteilt ist.
Und das soll es mit der langen Theoriestunde zum Levelling auch gewesen sein. Aber glaubt mir: Es ist die eine Sache bei der Espressozubereitung, die massiv unterschätzt wird! Man könnte sogar fast sagen, dass dieser Schritt wichtiger ist als das Tampen selbst! Deswegen gibt’s hierzu auch ein kleines Video von mir.
2. Korrekt Tampen & mysteriöse Tamper-Techniken
Nun aber zum eigentlichem Thema: Dem Tampen. Wir haben also dank Leveln ein schön gleichmäßig verteiltes und gleichmäßig dichtes Kaffeebett im Siebträger geschaffen. Wenn wir es nun auf korrekte Weise mit dem Tamper herunterdrücken, sollte auch der finale Kaffeepuck perfekt sein.
Vorweg kurz und knapp, wie man richtig tampt: Ihr nehmt euren Tamper und drückt ihn senkrecht in das Kaffeepulver im Siebträger, bis ihr einen gewissen Widerstand fühlt. Dann zieht ihr ihn senkrecht wieder raus. Mehr nicht. Tampen ist kein Hexenwerk!
Allerdings gibt es derzeit eine Flut an brauchbaren und unbrauchbaren Informationen zum Tampen. Doch eigentlich ist es ganz simpel und ich kann es gar nicht oft genug betonen: Beim Tampen ist weniger mehr! Verbringt lieber 5 Sekunden mehr damit, das Kaffeebett vor dem Tampen ordentlich zu Leveln. Dann könnt ihr euch die zusätzlich im Internet empfohlenen „Tamper Techniken“ sparen: Sich den Kopf zu zerbrechen, wie man genau mit einem Gewicht von 15 Kilogramm tampt, wie man den Tamper im Sieb „twistet“ oder wie man den Tamper im Sieb „spinnt“. All dies bezeichne ich gern als Mythen.

a) Der Druck beim Tampen: Geh nach dem Gefühl!
Eine festdefinierte Maßzahl zur Tampstärke zu haben ist natürlich keine verkehrte Idee. Immerhin sind wir Barista diejenigen, die immer ganz genau auf das Zehntel Gramm schauen, wenn es ums Kaffeemachen geht. Doch von allen Variablen, die wir so genau nehmen, ist die Tampstärke wirklich die Allerletzte. Denn dabei gehen wir lieber nach Gefühl! Die 15 oder teilweise 10 Kilogramm Druck, die man beim Tampen aufbringen soll und die überall in Büchern und Blogs postuliert werden sind nur eine Pi-Mal-Daumen-Regel! Damit soll lediglich ausgesagt werden: Ihr müsst beim Tampen gerade so viel Kraft aufwenden, dass die Luft aus dem Kaffeesatz herausgedrückt wird. Dabei spielt die genaue Kilogramm-Zahl in Wirklichkeit keine Rolle.
Genau das meinte ich auch mit dem Widerstand beim Tampen: Wenn ihr tampt, spürt ihr irgendwann von Seiten der Theke einen leichten Gegendruck. Das bedeutet, dass die widerstandslose Luft bereits aus dem Kaffeemehl im Siebträger entwichen ist und ihr quasi nur noch gegen die Theke drückt. Die Kompaktheit des Kaffeepucks hat also bereits ihr Maximum schon erreicht. In meinem Tamper-Guide habe ich berichtet, dass es auf 15kg kalibrierte Tamper gibt, teilweise sogar mit fancy LED-Anzeigen. Ganz einfach gesagt: So etwas braucht ihr nicht! Ihr bekommt auch mit einem normalen Tamper und Gefühl ein so schönes Ergebnis wie unten im Bild hin.

b) Twist / Spin: Kann man machen, muss man aber nicht
Für den Twist und Spin gab es ursprünglich eine recht plausible Begründung und vor einiger Zeit habe ich diese Methode selbst noch praktiziert. Mit der Technik soll die Oberfläche und der Rand vom Kaffeepuck glattgestrichen werden: Beim „Twist“ wird der Tamper mit einer kreisenden Bewegung gegen den Kaffeepuck im Siebträger gedrückt, und danach beim „Spin“ ohne Druck nochmal um die eigene Achse kreisen gelassen. Damit will man den Kaffeepuck „polieren“ und lose Kaffeepartikel quasi zurück ins Spiel bringen, damit sie ebenfalls extrahiert werden.
Die Theorie klingt wirklich romantisch. Aber in der Realität machen die ungetampten Kaffeepartikel am Siebrand nur einen minimalen Anteil am gesamten Kaffeepulver aus! Ob man es zur Beseitigung von ein bisschen Kaffeestaub wirklich riskieren will, eventuell den Kaffeepuck zu zerstören, muss man sich schon gut überlegen. Denn dieses Risiko hat sich im Rahmen meiner vielen Cafébesuche bestätigt! Ich habe oft mitbekommen, dass Barista versehentlich den Kaffeepuck in einem schrägen Winkel getwistet haben, weil der Tamper schief im Sieb stand. Entweder hat das Café nicht sehr auf die Qualität der Getränke geachtet, den schiefen Kaffeepuck trotzdem verwendet und den Kaffee entsprechend weniger gut extrahiert. Oder er wurde einfach weggeworfen. Schade drum!
c) Bleibt bei euren Gewohnheiten
Nicht dass ihr mich falsch versteht: Wirklich „falsche“ Technik gibt es beim Tampen eigentlich nicht. Wobei, vielleicht eine, aber dazu unten mehr. Ich versuche euch nur von weiteren unnötigen Schritten abzuhalten, die eher potenzielle Fehlerquellen sind und den schönen Kaffeepuck zerstören können. Selbst viele Barista-Weltmeister wenden beim Tampen noch Techniken an, die ich als unnötig deklariere. Bei ihnen ist es aber wohl einfach Gewohnheiten der jahrelangen Barista-Laufbahn geschuldet, und sie werden den Puck damit trotzdem nicht „einfach mal so“ kaputt bekommen. Ein Laie schon!
Ich bin ganz ehrlich mit euch: Wenn ihr schon jahrelang bei der Espresso-Zubereitung bzw. beim Tampen spinnt oder twistet, dann macht es auch weiter! Ich will es euch nicht abgewöhnen. Aber Anfänger kommen beim Tampen sehr gut ohne diese Techniken aus und bekommen durch Weglassen von unnützem Schnick Schnack eher einen schönen Kaffeepuck ohne „Schwund“ hin. Wie ich beim Tampen ganz genau vorgehe, kannst du im folgenden Video nachvollziehen.
d) Was sich beim Tampen wirklich nicht gehört…
Tatsächlich abraten würde ich euch allerdings von folgender Technik: Ihr habt bestimmt mal nach dem Tampen bemerkt, dass am Rand zum Sieb hin teilweise viel Kaffeemehl ungetampt kleben bleibt. Wie bereits gesagt, es handelt sich hier um einen kleinen und unbedeutenden Anteil, der aber durchaus ins Auge fallen kann. Vor einigen Jahren war es noch gebräuchlich, dass manmit dem Tamperauf die Kopfseite des Siebträgers schlug, um das lose Kaffeemehl vom Rand zu lösen. Anschließend wurde dann noch einmal getampt.
Diese Praxis ist unter Barista mittlerweile ein absolutes Verbot geworden. Die Idee ist wieder sehr nett. Aber wenn man den Siebträger schlägt, lösen wir nicht nur das bisschen ungetampte Kaffeemehl, sondern den gesamten Puck vom Sieb! Damit würdet ihr einen Spalt zwischen Kaffeepuck und Sieb erzeugen. Das Wasser fließt dann bekanntermaßen durch den Weg mit dem geringsten Widerstand – also nicht durch das Kaffeepulver hindurch, sondern im Spalt entlang daran vorbei.

Fazit: Tampen ist eigentlich easy
Ich hoffe, ich konnte euch beim eigentlich simplen, aber fälschlicherweise oft zu stark durchdesignten Tampen ein wenig Klarheit verschaffen! Haltet es pragmatisch, dann kann hierbei wenig schief gehen. Beim Leveln davor dürft ihr dafür ein wenig penibler sein.
Also Leute, trinkt viel Kaffee, stay caffeinated.
Kaffee tut euch gut.
PS: Als kleiner Tipp an die Fortgeschrittenen unter euch: Die Beachtung der obigen Regeln, die zur höchsten Gleichmäßigkeit der Extraktion führt, beseitigt eventuell auch das Problem, dass bodenlose Siebträger eure Espressomaschine versauen.
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