Die Fairmark ist eine fiktive Währung, die der Ungerechtigkeit auf der Welt Einhalt gebieten soll. Bitte was? Wirklich neu ist diese Utopie nicht. Was wäre wenn wir alle sozialen Ungerechtigkeiten beseitigen könnten? Wir alle führen uns gern neue, kaum realisierbare Träume vor Augen, ein kleines Luftschloss im manchmal grauen Alltag. Für all die Ideen, die uns und andere bewegen, gibt es das Internet. In diesem soziale Netz gelingt der Austausch und hier entstehen neue Ideen wie die Fairmark. Doch was genau steckt dahinter?
Fairmark: Ein Gedankenspiel sorgt für Diskussionen
Im Internet werden viele Initiativen geboren, die sich mit den Themen Nachhaltigkeit, fairer Handel und soziale Gerechtigkeit auseinandersetzen. Über einige haben wir bereits im Happy Coffee Magazin berichtet, zum Beispiel:
- das allseits bekannte Fair Trade Siegel
- die Relevanz von fairem Kaffeehandel für die Kaffeepreise
- fairen Tee zum Spitzenpreis mit der Teekampagne
- die Fair Fashion Bewegung und
- den alternativen Marktplatz Fairnopoly.
Eine Vision, die wir heute vorstellen möchten, denkt die Idee des fairen Handels noch ein Stückchen weiter und führt in einem Gedankenspiel die Fairmark ein. Diese fiktive Währung soll das Kernproblem der Ungerechtigkeit lösen. Die Grundfrage dabei lautet: Wieso können nicht alle Menschen auf der ganzen Welt den gleichen Stundenlohn bekommen? Im Blog der Initiatoren hieß es:
Statt zu versuchen, die Suppe fair und gerecht mit einer Stecknadel zu verteilen, nehmen wir ab jetzt einfach eine ordentliche Schöpfkelle zur Hand.
So soll jeder für seine Berufstätigkeit eine Fairmark pro Stunde als Lohn erhalten. Doch wie viel genau ist eine Fairmark wirklich wert? Sind alle Tätigkeiten gleich zu vergüten, obwohl sie unterschiedlich fordernd, anspruchsvoll und teilweise sogar gefährlich sind? Und würde sich wirklich die ganze Welt auf dieses soziale Spiel einlassen?
Höhere Kaufkraft? Die Fairmark soll es möglich machen
Mit einem weiteren Gedankenspiel in Form einer Rechnung – die zugegeben teils schwer nachzuvollziehen und stark vereinfacht ist – lässt sich der Gegenwert einer Fairmark in Euro berechnen. Dafür wird der Bau eines bio-ökologischen, zweistöckigen Ein-Familien-Effizienz-Hauses zur Grundlage genommen und der Lohn der beteiligten Arbeiter ermittelt. Am Ende gelangt man zu 56,81 Euro für eine Fairmark je Stunde.
Um eine Umgebung zu schaffen, in der Menschen mit dieser neuen Währung arbeiten und leben können, führten die Initiatoren der Fairmark einen Ort ein: Fairstadt (derzeit 24 Einwohner). Dabei handelt es sich um eine Stadt, die von Grund auf ökologisch und fair konzipiert ist. Eine weitere Besonderheit: Der Preis eines Gutes in Fairstadt wird stets in Abhängigkeit von der Zeit ermittelt, die es für die Herstellung benötigt. Bei einer 40 Stunden Woche würde also jeder Mitbürger 160,00 Fairmark pro Monat verdienen, umgerechnet 9.089,60 Euro. Die Kaufkraft läge nach Ansicht der Initiatoren damit deutlich höher als beim Euro, wie anhand des Hauspreises von 450.000 Euro – und der Möglichkeit dieses in vier Jahren und sechs Wochen abzubezahlen – erneut vorgerechnet wird.
Der Weg ist das Ziel: Informieren, diskutieren, anstecken
Auch zur Gestaltung der Infrastruktur und des Wohn- und Arbeitsraumes hatten die Initiatoren der Fairmark Ideen entwickelt: So könnte bei einer entsprechenden Stadtarchitektur auf Autos verzichtet werden und der Lärmpegel in der Folge deutlich sinken. Außerdem könnten zwei Stadtteile realisiert werden: einer modern, der andere technikarm. Im Grunde lassen sich diese Gedanken nachvollziehen, mögen einige jetzt denken. Doch was war das Ziel der Blogger?
Aufmerksame Leser haben bemerkt, dass ich immer in der Vergangenheit von den Fairmark-Machern spreche. Denn mittlerweile ist ihr Blog leider nicht mehr verfügbar, aus Gründen die mir nicht bekannt sind. Doch im Jahr 2014, als der Fairmark-Blog noch online war, wollten die Macher nach eigenen Angaben zunächst ihre Idee verbreiten. Sowie Menschen finden die bereit wären, ihre Idee zu unterstützen und sich in der noch immer fiktiven Fairstadt anzusiedeln.
Als erste Zielgruppen waren Ökounternehmen aus allen Branchen angedacht. Doch ebenso Menschen, die den Gedanken einer fairen Stadt nicht für absurd, sondern lohnenswert halten, sollen mobilisiert werden. Sie hätten die zukünftigen Einwohner von Fairstadt werden können.
Fairmark: Pro und Contra der Vereinfachung
Was also war das mit der Fairmark für ein absurdes Gedankenspiel? Und ist das Aufgeben des Fairmark Blogs gleichzeitig als Scheitern dieser Idee zu werten? Wir sehen dies nicht so, da die „Fair-Stadt“ mit der fairen Währung zunächst eine Theorie war. Und Theorien sollen Diskussionen anregen, die ihre Praxistauglichkeit thematisieren.
Für solche Diskussionen haben die Fairmark-Macher tatsächlich gesorgt. Viele Fragen standen plötzlich im Raum: Lässt sich eine faire Währung wirklich erschaffen und in das tägliche Leben einbeziehen? Wie kann sie dauerhaft Gerechtigkeit in der Verteilung sicherstellen? Und würde sich unsere kommerziell und auf finanzielle Vorteile bedachte Gesellschaft tatsächlich darauf einlassen?
Eine Antwort hierauf muss wohl jeder selbst finden. Die Fairmark-Autoren gaben selbst zu, dass die genauen Zahlen und Rechnungen bei solch einer Vereinfachung keineswegs gesetzt sind. Auf der anderen Seite boten sie uns Raum zum Nachdenken, Diskutieren und Philosophieren – und brachten uns dazu, (beinahe) kindliche Naivität wieder zuzulassen. Wo lässt sich dies besser verwirklichen, als im Word Wide Web?
Übrigens ist das Thema der „Fair Cities“ wieder brandaktuell, obwohl es nicht auf dem Gedanken einer „Fairmark“ basiert. Ein aktuelles Konzept befasst sich mit Gender Fair Cities, also Städten die die Geschlechterdiskriminierung aktiv unterbinden. Und es tun sich immer mehr „Fair Trade Towns“ hervor, die wirtschaftlich verstärkt auf faire Handelsbedingungen setzen. Im praktischen Konzept eines fairen Lebens ist also nach wie vor Bewegung drin!
Christian ist Kaffeeblogger seit 2008, leiderschaftlicher Home-Barista und Gründer und Geschäftsführer der Happy Coffee GmbH. Seit 2015 liefert er jeden Monat über den Online-Shop frisch gerösteten Kaffee aus fairem Direkthandel an tausende Kunden. Sein tiefgreifendes Wissen über Kaffee teilt er regelmäßig hier im Blog.