Vietnamesischer Kaffee -Phin

Vietnamesischer Kaffee: Alles über Anbau, Phin-Zubereitung und lokale Spezialitäten

Vietnamesischer Kaffee ist eine feste Größe im Markt. Denn, wer hätte es gedacht: Vietnam ist nach Brasilien – trotz einer vergleichsweise geringen Anbaufläche – der zweitgrößte Kaffeeproduzent der Welt. Sowohl die Kaffeebohnen als auch die Art des lokalen Kaffeegenusses sind sehr speziell.

1. Vietnamesischer Kaffee: Kurze Geschichte

Der Kaffeeanbau wurde gegen 1857 von den Franzosen im Zuge der Kolonialisierung nach Vietnam gebracht. Denn in Frankreich gehörte das schwarze Gold zum täglichen Leben dazu und darauf wollte man auch in Indochina nicht verzichten. Aufgrund der günstigen Anbaubedingungen entwickelte sich das kleine Land in Südostasien schnell zu einer bedeutenden Kaffeeregion. Der erste Boom kam zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als größere Kaffeeplantagen kultiviert wurden.

Allerdings versetzte der Vietnam Krieg der Kaffeeproduktion einen Dämpfer – zum Kriegsende um 1975 war das Land nah am wirtschaftlichen Ruin. Der Weg aus der Krise war vietnamesischer Kaffee: Sowohl die Regierung als auch die Weltbank förderten massiv den Kaffeeanbau, um aus den Exporterlösen die Schulden im Ausland tilgen zu können. Vor allem die ehemalige DDR trug maßgeblich zur Entwicklung des Kaffeeanbaus in Vietnam bei. Da der Weltmarktpreis für Rohkaffee weiterhin stieg und der Bedarf nicht gedeckt werden konnte, weitete man die Kaffeeproduktion im sozialistischen Partnerland aus.

Eine Rechnung, die aufging: Neben der wirtschaftlichen Blüte gelang es Vietnam, quasi aus dem Nichts zu einem der größten Kaffeeproduzenten der Welt zu werden. Seit Jahren liegt der asiatische Küstenstaat im internationalen Vergleich auf Platz zwei und produziert um die 15 Millionen Sack Kaffeebohnen pro Jahr.

Eine Kaffeeplantage im zentralen Hochland Vietnams

2. Vietnamesischer Kaffee: Anbau, Plantagen & Qualität

Vietnams Hochland liegt 600 Meter über dem Meeresspiegel und besitzt perfekte Bedingungen für den Kaffeeanbau: Die Temperaturen sind milder als im Rest des Landes, es ist feucht und kühl. Nicht ohne Grund konzentrieren sich 80% des Kaffeeanbaus auf dieses Gebiet. Es erstreckt sich über die Provinzen Dak Lat, Kontum, Gia Lai, Lam Duong und Buon me Thuot.

Leider macht der Klimawandel den vietnamesischen Kaffeebauern immer mehr zu schaffen: Durch den Anstieg der Durchschnittstemperaturen wird die für den Kaffeeanbau geeignete Fläche immer kleiner und schädliche Keime wie der gefürchtete Kaffeerost können sich immer weiter ausbreiten. Aufgrund der knapper werdenden Mengen ist daher auch vietnamesischer Kaffee von Preissteigerungen am Weltmarkt betroffen – und organischer Anbai ist wichtiger denn je.

2.1 Vietnams größte Kaffeeplantagen

Die meisten Kaffeeplantagen in Vietnam sind vergleichsweise klein. Nur 5% der Plantagen sind über 500 Hektar groß, alle davon in staatlicher Hand. Zu den bekanntesten Kaffee Plantagen zählen:

  • Vinacafe: Tochter der Vietnam National Coffee Corporation aus Hanoi, ein staatliches Unternehmen. Vinacafe ging aus der Konfiszierung der Coronel Coffee Plantage zum Ende des Vietnamkrieges hervor und war bekannt für die Produktion von Instant Kaffee, der vor allem an die Sowjet-Union und andere Ostblock-Staaten verkauft wurde. Später kamen noch 49 weitere, kleine private Kaffeeplantagen zu Vinacafe hinzu. Heute bestimmt der staatlich geführte Kaffeeverband mehr als 50% des Kaffeemarktes in Vietnam.
  • Trung Nguyen: Das Unternehmen aus aus Dak Lak ist eine der beliebtesten Kaffeemarken in Vietnam und zählt zu den Hauptexporteuren. Trung Nguyen ist ebenfalls bekannt für die Produktion des umstrittenen Kopi Luwak, der als teuerster Kaffee der Welt gilt.
  • Highlands Coffee: Das erste Kaffeeunternehmen in Vietnam, das nicht von einem Local gegründet wurde. David Thai, Amerikaner mit vietnamesischen Wurzeln, schuf Highlands Coffee nachdem er den Boom von Starbucks in den USA verfolgt hatte. Heute ist es die Coffee Shop Kette Vietnams.

Übrigens: Vietnamesischer Kaffee wird nach der Ernte verschieden aufbereitet. Entweder mittels Wet Processing, wobei die Bohnen in Waschtanks aus der Kaffeekirsche gelöst und erst dann getrocknet werden. Oder mittels Dry Processing – die sogenannten Naturals trocknen in ihrer Fruchtschale; erst dann werden doe Bohnen herausgelöst.

2.2 Vietnamesischer Kaffee: Robusta und die Qualitätsfrage

Die Vietnamesen bauen etwa 90 Prozent Robusta Kaffee an, der in über 60 Länder exportiert wird. In der Regel bleibt also nur wenig von der Jahresernte in Vietnam für den eigenen Verbrauch. Dennoch steigt der Anbau von Arabica Kaffee und Catimor Kaffee, einem Arabica Hybrid, langsam an. Außerdem wird vietnamesischer Kaffee manchmal aus den selteneren Excelsa Bohnen gewonnen.

Leider ist vietnamesischer Kaffee nicht für die beste Qualität bekannt – ein Vorurteil? Es mag daran liegen, dass die dominierende Robusta Bohne – mit doppelt so viel Koffein wie Arabica! – besonders schädlingsresistent ist und selbst unter schlechtesten Bedingungen gedeiht. Also auch dann, wenn der Kaffeebauer nicht genau weiß, was er eigentlich tut. Dadurch kam Robusta Kaffee zu seinem schlechten Ruf und heute wird bevorzugt Arabica Kaffee gekauft. Tatsächlich ist ein minderwertiger Robusta weniger ausgewogen im Geschmack, und wird oft für günstigere Mischungen („Blends“) eingesetzt. Außerdem setzen einige wenige Röster ihrem Vietnam noch Sojabohnen, Kohle, Färbemittel und künstliche Geschmacksstoffe zu – was zur Qualität natürlich nicht wirklich beiträgt. Aber:

Inzwischen setzt sich auch „Fine Robusta“ wie unser Happy Coffee Robusta immer mehr am Markt durch. Er wird genauso qualitätsbewusst wie guter Arabica angebaut, schmeckt hocharomatisch und kräftig, und überzeugt bei der Espressozubereitung mit besonders toller Crema.

Vietnamesischer Kaffee
Kleine Outdoor Café-Bar in Vietnam

Insgesamt ist auch in Vietnam eine neue Qualitätsoffensive zu beobachten. Kleine Kaffeebauern wie La Viet setzen zunehmend auf Arabica Sorten wie Bourbon, Typica oder Moka – und auf einen stärker kontrollierten Anbau. Und es gibt auch Fine Robusta wie z.B. von Mr. Toi, der in Europa immer beliebter wird. Vietnamesischer Kaffee kann also durchaus sehr gut sein. Man sollte nur genau hinschauen!

3. Vietnamesischer Kaffee: So trinkt man ihn

In Vietnam wird Kaffee auf ganz bestimmte Art und Weise genoßen. Zum einen bereitet man ihn gern direkt am Tisch mit einem Tassenfilter zu, der sogenannten Phin. Zum anderen gibt es einige vietnamesische Kaffeespezialitäten, die du unbedingt einmal probieren musst – egal ob vor Ort oder in einem Café um deine Ecke.

3.1 Phin Kaffee: Kräftiger handgefilterter Kaffee

Die „Phin“ ist ein aus Edelstahl gefertigter Kaffeefilter, der direkt auf das Trinkgefäß aufgesetzt wird. Er besteht aus einem Siebteller, auf den die becherähnliche Brühkammer mit Deckel gesetzt wird. Mittlerweile gibt es die Phin auch hier zu kaufen.

Die Zubereitung von Phin Kaffee ist denkbar einfach. Du wärmst die Phin mit heißem Wasser etwas vor, gibst pro Tasse etwa zwei Teelöffel mittelfein gemahlenen Kaffee hinein. Wer’s mit der Kaffeewaage genauer mag, verwendet ein Brew Ratio von 1:2 – wie bei Espresso, nur eben als vietnamesischer Kaffee, der sehr stark ist. Kurz einen Schwall heißes Wasser in die Phin aufgießen, das Kaffeemehl bloomen lassen, und dann weiter aufgießen.

Vietnamesischer Kaffee - Phin
Vietnamesischer Kaffee: Phin auf Glas, mit einer Schicht Kondensmilch und Eiswürfeln

Nun musst du nur noch warten, bis der Kaffee langsam in deine Tasse getropft ist. In Vietnam verwendet man allerdings lieber Kaffeegläser. So kommt vietnamesischer Kaffee besser zur Geltung, der z.B. mit Eiswürfeln oder einer Schicht Kondensmilch genossen wird.

3.2 Vietnamesische Kaffeespezialitäten

Klassischer Phin Kaffee ohne weitere Zutaten heißt in Vietnam ca phe nau (brauner Kaffee). Kommt eine Schicht Kondensmilch im Glas dazu, spricht man von oder ca phe sua (Milchkaffee). Übrigens stammt die Vorliebe der Vietnamesen für Kondensmilch noch aus früheren Zeiten, als man Lebensmittel schwer kühlen konnte. Sie passt überraschen gut zu dem sehr kräftigen Handgebrauten.

Auch kalter Kaffee, mit oder ohne Kondensmilch, ist in Vietnam sehr beliebt. Gerade im Sommer ist diese Kaffeespezialität mit Eiswürfeln sehr lecker und wird von vielen hippen Cafés auf der ganzen Welt angeboten. Und weil vietnamesischer Kaffee von Natur aus stark gebrüht wird, musst du keine Angst vor Verwässerung haben.

Ebenfalls beliebt ist vietnamesischer Kaffee mit Joghurt, der Locals als sua chua ca phe bekannst ist. Ja, richtig gelesen! Auf ein Glas Joghurt wird ein ordentlicher Schuss Kaffee gegeben und die Kombination ist leckerer, als man zunächst denken mag.

Egg Coffee aus Vietnam

Foto „Egg Coffee, Hanoi, Vietnam“ by David McKelvey, used under CC BY 2.0(cropped for size, foto filter used)

Wem das noch nicht abgefahren genug ist: Wie wäre es mit einem Eier Kaffee? Beim sogenannten ca phe trung wird Eigelb mit Kondensmilch zu einer schaumigen Masse geschlagen und dem Kaffee hinzugefügt. Wie eine Art alkoholfreier Eierlikör mit Kaffee untendrunter. Warum nicht?

Hast du bereits Erfahrungen mit vietnamesischem Kaffee oder Kaffeespezialitäten aus Vietnam?

Heidi Happy Coffee
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Heidi ist die "Kaffee-Doktorin" bei Happy Coffee: Zusammen mit Christian hat die promovierte Betriebswirtin das Unternehmen 2008 gegründet und schreibt ausführlich über alle Themen aus der Kaffee-Szene. Egal ob Kaffee-Zubereitung, Kaffeezubehör oder Kaffeespezialitäten - Heidi recherchiert, probiert, fotografiert und berichtet ausführlich für unsere Leserschaft. Privat trinkt sie am liebsten handgefilterten Kaffee zu einem gesunden Frühstück.


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