Kaffee Weltmarktpreis vs Fairtrade

Kaffee Weltmarktpreis: Wie er entsteht und ob Fairtrade Kaffeebauern nutzt

Es ist allgemein bekannt, dass sich der Kaffeepreis im Handel unter anderem nach dem aktuellen Kaffee Weltmarktpreis bemisst. Dazu kommen Aufschläge für Import, Rösten, Verpackung, Zwischenhandel hinzu sowie die Kaffeesteuer. Aber wie funktioniert der Kaffee Weltmarktpreis eigentlich? Macht es Sinn, auf seine Schwankungen mit dem Fairtrade System zu reagieren? Und wieso setzen wir bei Happy Coffee lieber auf Direct Trade? Wir versuchen hier, ein paar Antworten zu diesen Fragen zu liefern. Dazu hatten wir im März 2022 ebenfalls Kontakt mit einer Vertreterin von Fairtrade Deutschland, die uns zusätzliche Informationen bereit gestellt hat.

1. Wie funktioniert der Kaffee Weltmarktpreis?

Den meisten Kaffeetrinkern dürfte der genaue Weltmarktpreis nicht bekannt sein. Das liegt meist daran, dass dieser Preis keine unmittelbaren, sondern nur mittelfristige Auswirkungen für die Konsumenten nach sich zieht. Der Preis für die Endkunden wird von den Röstern bzw. Händlern nur bei längerfristigen Schwankungen angepasst. Schließlich wurden die Bohnen, die heute im Kaffee-Vollautomaten landen, meist schon viele Wochen zuvor geerntet und auf dem Weltmarkt gehandelt. Für längerfristige Änderungen des Weltmarktpreises sind meist die politische Situation, die Klimaentwicklung und Nachfrageverschiebungen relevant.

In den letzten 10 Jahren waren die Preisschwankungen im Weltmarktpreis enorm. Im Oktober 2001 sank der Kaffeepreis so stark wie zuletzt 30 Jahre zuvor. Damals ist der Kaffeemarkt über Nacht zusammen gebrochen. Das Pfund Kaffeebohnen war am Markt nur noch 45 US-Cent wert. Nicht genug, um die Existenz vieler Kleinbauern zu sichern. Solche Preisschwankungen sind sehr gefährlich und können ganze Länder in den Ruin treiben, während sich der Endkunde mittelfristig – unwissend ob der dramatischen Lage an der Produzentenfront – sich höchstens über günstigere Preise freut.

Deshalb haben Fairtrade Labelling Organizations International (FLO) – die Dachorganisation hinter dem Fairtrade Siegel und in der Außendarstellung als „Fairtrade International“ bekannt – sowie über Transfair organisierte, nationale Organisationen wie Fairtrade Deutschland reagiert und die Zahlung von Mindestpreisen eingeführt, auch und gerade in schlechten Zeiten. Dafür muss ein Produkt fairtrade-zertifiziert sein und die Standards für fairen Handel, festgelegt und kontrolliert von FLO bzw. der Zertifizierungsbehörde FLO-Cert, beachten und nachweisen.

Kaffee Weltmarktpreis Entwicklung

Historische Entwicklung vom Kaffee Weltmarktpreis pro Pfund (Quelle: finanzen.net)

Übrigens: Aktuell ist der Kaffee Weltmarktpreis für rohe Bohnen auf einem Höchststand (siehe Grafik oben), was schlechtem Wetter und damit nicht gerade idealen Anbaubedingungen sowie Problemen in der Lieferkette geschuldet ist. Somit sind die Lagerbestände an Rohbohnen gering, was den Kaffeepreis natürlich in die Höhe treibt. Kaffee ist (also gerade in diesen Zeiten) ein Luxusgut! Das macht Mindestpreise aktuell offenbar weniger relevant, aber zur Idee von Fairtrade gehören ebenfalls Prämien für die Erzeuger – ein Konzept, das wir nun näher beleuchten.

2. Fairtrade: Mindestpreise und Prämien

Fairtrade garantiert die Zahlung von Mindestpreisen auf dem Weltmarkt zuzüglich einer Fairtrade-Prämie, die z.B. Gemeinschaftsprojekten in den Anbauregionen zugutekommt. So sollen Preisschwankungen die Existenz der Bauern nicht gefährden. Genauer gesagt fließen die folgenden Beträge pro englischem Pfund (453,6 Gramm), welche Fairtrade Deutschland uns gegenüber auch bestätigt hat:

  • 1,40 US-Dollar als Abnahmepreis, selbst wenn der Kaffee Weltmarktpreis niedriger ausfällt (hingegen wird bei einem höheren Kaffee Weltmarktpreis lt. Fairtrade Deutschland auch entsprechend entlohnt) 
  • 0,20 US-Cent als Community-Prämie, die zum Beispiel in bessere Anbaumethoden, Steigerung der Produktivität, Bildung oder Gesundheitsversorgung gesteckt werden kann (über die Verwendung entscheiden die Produzenten-Kooperativen)
  • 0,30 US-Cent, sofern die Rohbohnen aus biologischem Anbau stammen.

Die Konsequenz: In Zeiten von niedrigen Weltmarktpreisen scheint Fairtrade Kaffee besonders teuer zu sein. Doch auch in Hochpreis-Zeiten, wie es in den letzten Jahren der Fall war, werden Kooperativen wie die „Highland Organic Agriculture Cooperative“ (HOAC) aus Papua Neuguinea, die an der Fairtrade Initiative teilnehmen, entsprechend vergütet. Das Geschäft soll sich ja schließlich immer lohnen. Ist der Kaffee Weltmarktpreis allerdings höher als der garantierte Fairtrade-Abnahmepreis, verdient der Kaffeebauer gegenüber dem freien Verkauf am Markt lediglich die o.g. Community- bzw. Bio-Prämie dazu.

Kaffee Weltmarktpreis

Die International Coffee Organization beobachtet übrigens täglich die Entwicklung am Kaffeemarkt. Hier werden die verschiedenen Marktpreise täglich aktualisiert und ins das Verhältnis zum Weltmarktpreis gesetzt. In dieser Tabelle kannst du genau nachvollziehen, wie sich alles in den letzten Jahren entwickelt hat: Erntemengen, Exporte und Importe, Lagerbestände und sogar die gezahlten Preise an die Kaffeebauern in den jeweiligen Anbauländern. Und hier siehst du auch, dass der Kaffee Weltmarktpreis seit 17 Monaten steigt (Quelle: ICO Coffee Market Report November 2018).

Den größten Anteil am Kaffeemarkt hat übrigens Arabica: Die meisten nach Deutschland verschifften Kaffees unterliegen der Kategorie „Other Milds“ und zählen wie die „Columbian Milds“ zu, ihr ahnt es schon, den Arabicas. „Brazilian Naturals“ sind nach ihrer natürlichen Verarbeitung benannt und können Arabica oder Robusta sein, während die letzte Kategorie Robusta selbsterklärend ist. Offenbar sind die Arabicas preislich höher angesiedelt und etwas preisstabiler als Robusta – was aber keineswegs heißt, dass dieser minderwertig sei. Im Gegenteil, es gibt heute im Specialty Coffee Bereich auch sehr gute Robustas.

Kaffee Weltmarktpreis - Kaffeesorten3. Fairtrade Prämien vs. Kaffee Weltmarktpreis: Wer gewinnt? 

Das Fairtrade-Siegel ist eine gute Idee, steht aber zunehmend in der Kritik: Unter anderem, weil für den Verbraucher nur selten ersichtlich ist, wie viel die Beteiligten der Kaffeewertschöpfungskette wirklich vom Fairtrade-Premium erhalten. Ein stückweit muss der Kunde den Händlern und Importeuren vertrauen, dass die Kaffeebauern tatsächlich den versprochenen Anteil erhalten. Außerdem wird aus volkswirtschaftlicher Sicht immer mal wieder diskutiert, ob den Produzenten eventuell falsche Anreize gesetzt werden.

Die Vergangenheit lehrte Verbraucher, dass die Profitgier mancher Firmen größer ist, als der Wunsch, tatsächlich soziale Verantwortung zu übernehmen. Man munkelt, dass manch Konzern (die Nennung von Namen sparen wir uns) mit der Einführung von Fairtrade-Kaffee geworben und die Preise entsprechend erhöht hat, doch die Kunden getäuscht wurden. Das Geld kam angeblich weder den Produzenten noch deren Familien zugute, sondern dem Konzern selbst, weil die höheren Löhne an die Bauern von einem Zwischenhändler eingepreist worden waren. Ist da wirklich etwas dran?

Nun, eine holländische Studie über Fairtrade in Nicaragua hat gezeigt, dass von der höheren Preismarge, die der Konsument auf Fairtrade Kaffee zahlte, letztlich im Schnitt nur magere 12% bei den Kaffeebauern ankamen. Demnach käme Fairtrade also zum größten Teil den Röstern und Händlern zugute. Die Studie aus den Niederlanden zeigte außerdem, dass Bauern für Nicht-Fairtrade-Kaffee ggf. mehr am Markt verdienen können. Auch eine empirische amerikanische Studie kam zum Schluss, dass sich bei untersuchten Kooperativen in Guatemala Fairtrade aus Kosten-Nutzen-Sicht langfristig nicht gelohnt hat. In einem Paper vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kam die Autorin allerdings zum Schluss, dass zwischen 1/5 und 1/8 vom Fairtrade Premium tatsächlich bei den von ihr untersuchten Farmern hängen blieb, aber dämpfte den Enthusiasmus gleichzeitig:

„(…) these estimates probably over-estimate the benefit to the farmer, as they do not take into account the license fees paid by farmer cooperatives to participate in the Fairtrade system. These license fees are likely to erode some, if not all, of the financial transfer from the consumer to the farmer.“ (H. Naegele, DIW Discussion Paper)

Kaffee Weltmarktpreis - Kaffeepreis -Fairtrade

Um zu beurteilen, wie Fairtrade Handel gegenüber dem freien Markt performt, müssen uns also ansehen, welche Kosten damit verbunden sind, und wie die Prämien gegenüber direkt gehandelten Kaffees zu beurteilen sind. Doch bevor wir diese recht anbieterspezifische Perspektive einnehmen, wollen wir uns zunächst einmal der folgenden Frage widmen:

3.1 Hebelt Fairtrade den Kaffee Weltmarktpreis aus?

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) benennt ein volkswirtschaftliches Problem: Nämlich dass mit jeder weiteren zertifizierten Kooperative ein Angebotsüberschuss an potenziell zertifiziertem Kaffee entsteht und wächst. Damit sinke aber die Menge an Fairtrade-Kaffee, die jede einzelne Kooperative individuell absetzen kann, und damit die Marge zwischen Fairtrade-Kosten und volumenabhängigen Prämien. Allerdings, so unsere Ansprechpartnerin bei Fairtrade Deutschland, mache Fairtrade Kaffee in Deutschland aktuell (Stand: März 2022) nur 5% des Gesamtmarktes aus, weshalb die Organisation einen Einfluss auf den Kaffee Weltmarktpreis selbst für unwahrscheinlich hält.

Das leuchtet ein und ist gut so, denn aus volkswirtschaftlicher Sicht greifen Mindestpreise (die mehr als nur ein kleines Marktsegment betreffen) in den Marktpreismechanismus ein. Bedenklich, weil sie dann wirklich einen beträchtlichen Angebotsüberschuss erzeugen – der theoretisch über Abnahmegarantien der Instanzen, die den Mindestpreis setzen, gedeckt werden muss. Doch selbst wenn der Marktanteil zu gering ist, damit Fairtrade- Mindestpreise zu solch einer Marktverzerrung führen können: Sie motivieren wahrscheinlich Anbieter zum Markteintritt, denen es aufgrund zu hoher (und nicht auf den Kunden umlegbarer) Kosten bisher nicht möglich war, bzw. verhindern den Marktaustritt in schwierigeren Zeiten. 

Kaffee Weltmarktpreis - Kaffeemarkt - Mindestpreise - VWL

Als Zwischenfazit lässt sich also festhalten, dass Mindestpreise im Rahmen von Fairtrade den Kaffee Weltmarktpreis zwar nicht aushebeln, aber das Marktsegment an fair gehandeltem Kaffee und damit die Wettbewerbssituation durchaus beeinflussen. Ob sich Fairtrade im Einzelfall für die Kaffeeproduzenten lohnt, bleibt also ein Abwägen zwischen Kosten und Nutzen. 

3.2 Welche Kosten stehen Fairtrade-Prämien gegenüber?

Selbst wenn etwas vom Fairtrade-Kuchen bei den Kaffeebauern ankommen, so muss sich dieser Deal nicht unbedingt lohnen. Warum erklärt zum Beispiel die Huffington Post: Die Farmer erhalten zwar garantiert den Mindestpreis pro englischem Pfund (453,6 Gramm) an Arabica-Bohnen (1,40 US-Dollar) plus die Prämie von 0,20 US-Cent für Community Projekte bzw. eventuell extra 0,30 US-Cent für biologisch angebaute Rohbohnen, selbst wenn der Weltmarkt-Preis niedriger liegen sollte. Aber dafür muss sich die Plantage natürlich erst gegen Entgelt zertifizieren lassen. Hier fallen für den Lizenznehmer diverse Kostenblöcke an, unter anderem:

  • Antragsgebühren, lt. Fairtrade Deutschland einmalig 160,50 Euro.
  • Lizenzgebühren, aktuell 0,22 Euro pro Kilogramm Rohbohnen (aber lt. Fairtrade Deutschland mindestens 250 Euro jährlich ab dem Folgejahr nach Antragstellung)
  • Zertifizierungskosten, über deren Höhe sich seitens der FLO keine konkreten Angaben finden lassen. Die ZEIT und die Kaffeezentrale sprechen aber von einer Erstzertifizierungsgebühr im unteren vierstelligen Bereich.
  • Auditierungskosten für regelmäßige, teils mehrtägige Kontrollen durch die unabhängige Zertifizierungsgesellschaft FLOCERT vor Ort, die je nach Lizenznehmer unterschiedlich lange dauern und entsprechend kosten können. Über genaue Beträge fanden wir keine Angaben.

Etwas schwammiger und weniger ersichtlich sind Kosten, die den Kaffeeproduzenten für etwaig nötige Änderungen auf der Plantage bzw. im Anbau, der Verarbeitung und im Vertrieb anfallen, die vorgenommen werden müssen um die sozialen, ökologischen und ökonomischen Fairtrade Standards einzuhalten. Laut eines Kaffeebauers, der den Prozess durchlaufen hat, seien die Anforderungen des amerikanischen Arms der FLO, um eine Zertifizierung zu erhalten, stolze 31 Seiten lang. Darin sind Anforderungen wie z.B. Farmgröße, Abstimmungsprozesse, vertragliche Transparenz, Reporting und Umweltstandards geregelt.

Kaffee Weltmarktpreis - Kaffeebauern

Wie viel ein Kaffeebauer für das Fairtrade-Label also ausgeben muss, kann aufgrund fehlender Angaben seitens FLO sowie natürlich den Spezifika im jeweiligen Einzelfall nicht klar festgestellt werden. Am Ende bleibt eine wichtige Fragen stehen:

3.3 Wirtschaftliche Kosten vs. Nutzen: Lohnt sich Fairtrade für Kaffeebauern? 

Wird, wie kritische Zungen behaupten mögen, über Fairtrade der Erntegewinn armer Bauern vielleicht gar nicht erhöht, sondern sogar geschmälert? Wären diese letztlich genauso gut oder besser gefahren, wenn sie einfach den Kaffee Weltmarktpreis pro Pfund mitgenommen hätten, der über mehrere Jahre gesehen mal unter, aber aktuell schon seit Längerem über der Mindestpreisschwelle von Fairtrade liegt? Dazu sagt die Fairtrade Organisation:

„Vergleicht man die Kosten zur Aufrechterhaltung der Zertifizierung mit der Gesamtsumme an Prämieneinnahmen (Produzentenorganisationen erhalten die Fairtrade-Prämie zusätzlich zu den Verkaufspreisen für ihre Rohstoffe), entsprechen die Zertifizierungskosten im Durchschnitt 2,6 Prozent der eingenommen Prämiengelder (Stand 2017). Auf zertifizierte Kaffee-Produzent*innen entfielen im Jahr 2019 mehr als 85 Millionen Euro Prämie, ebenfalls zusätzlich zum Verkaufspreis für ihre Rohstoffe und Produkte.“ (Fairtrade Deutschland via Email, Februar 2022)

Nichtsdestotrotz bleibt unklar, ob sich die anteilig genannten 2,6% im obigen Zitat allein auf die Kaffee-Branche beziehen, oder einen Querschnitt über sämtliche Fairtrade-Produkte darstellen. Letztlich, so unsere Ansprechpartnerin von Fairtrade Deutschland, entschieden sich die Bauern aber nicht allein wegen des Fairtrade Preises für eine Zertifizierung, „(…) sondern auf Grundlage von vielfältigen Vorteilen, die eine Zertifizierung bietet, wie zum Beispiel besserer Marktzugang, Beratung, größere Verhandlungsmacht, zusätzliche Investitionsmöglichkeiten durch die Fairtrade-Prämie, (…) besserer Kreditzugang, bessere Arbeitsbedingungen, Gesundheitsschutz, Ausschluss von Kinderarbeit und die Möglichkeit, sich selbständig kontinuierlich weiterzuentwickeln.“ 

Manche Wissenschaftler und Marktexperten äußern Skepsis, ob die laufenden und fixen Kosten für den Erhalt des Fairtrade-Siegels die tatsächlich erhaltenen Fairtrade-Prämien nicht wieder auffressen. Entsprechende Anhaltspunkte fand beispielsweise eine Studie der Universitäten Berkley und San Diego über Kooperativen aus Guatemala, für die sich Fairtrade langfristig nicht gelohnt hatte. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) findet im Bericht „Soziale Nachhaltigkeitssiegel: Versprechen und Realität am Beispiel von Fairtrade-Kaffee“ von 2019 in der Analyse einschlägiger Studien (vgl. folgenden Screenshot) mehr nicht signifikante bis negative Effekte als positive Effekte:

Kaffee Weltmarktpreis vs. Fairtrade - wirtschaftlicher NutzenWir haben bereits eingangs gezeigt: Aktuell (März 2022) bzw. seit einigen Jahren befindet sich der Kaffee Weltmarktpreis auf einem Höchststand – was keineswegs höheren Margen der Kaffeebauern, sondern einer Verknappung von Kaffeebohnen aufgrund von Dingen wie schlechterer Ernten wegen Extremwetter geschuldet ist. Trotzdem: Produzenten von Rohbohnen sind in solch einer Situation nicht auf den Fairtrade-Mindestpreis angewiesen, da sie am Markt mehr erhalten; sie können darüberhinaus lediglich die Community Prämie und ggf. die Bio-Premie für zertifizierten Kaffee erhalten (denen, wie gesagt, aber auch die o.g. Ausgaben gegenüber stehen). Mit diesen Überlegungen untersuchte die Studie von Janvry et al. (2015) über 10 Jahre Kaffee-Kooperativen in Mittelamerika und kam zum Schluss:

„(…) a) der Nutzen, den die Kooperativen aus der Teilnahme an Fairtrade haben, ist in den Perioden negativ, in denen der Weltmarktpreis über dem Fairtrade-Mindestpreis liegt und b) der langfristige Nutzen aus der Teilnahme an Fairtrade ist gleich null, da die Zertifizierungskosten die zusätzlichen Gewinne ausgleichen.“ (Baake et al., DIW Wochenbericht 2018)

Ist der Kaffee Weltmarktpreis hingegen gering, sagen die Autoren der Studie, machen die Mindestpreise den Fairtrade-Kaffee relativ teuer und die Absatzmengen somit geringer. Insgesamt, so das DIW, gehörten nur Kooperativen zu den Fairtrade-Gewinnern, „(…)  die einen überdurchschnittlichen Anteil ihrer Produktion unter dem Fairtrade-Siegel verkaufen. Andere Kooperativen werden nach wie vor wenig oder nichts durch die Zertifizierung gewinnen oder sich bei ungünstigen Ernteergebnissen oder aufgrund anderer Schocks sogar schlechter stellen.“

Kaffee Weltmarktpreis - Fairtrade Kritik

3.4 Sozialer Nutzen: Wer profitiert von Fairtrade Community Projekten?

Mindestpreise sind ein Baustein von Fairtrade, der in erster Linie bei einem niedrigen Kaffee Weltmarktpreis zum Tragen kommt. Doch selbst in einer solchen Situation empfehlen Wissenschaftler statt Mindestpreisen, den Kaffeeanbau zu beschränken, um einem (marktsegmentspezifischen) Angebotsüberschuss und entsprechend geringerem Absatzvolumen pro Kooperative vorzubeugen. Das gelingt beispielsweise, indem man den Kindern von Kaffeebauern neue Bildungswege aufzeigt und sie in nachhaltigeren Anbautechniken schult. Darauf zielen Fairtrade Community Projekte auch ab. Trotzdem merkt ein lesenswerter Bericht vom Stanford Social Innovation Review mit dem Titel „The Problem with Fair Trade Coffee“ kritisch an:

„Another important flaw is FLO’s inability to alter the circumstances of the poorest of the poor in the coffee farming community. Although FLO does dictate certain minimal labor standards, such as paying workers minimum wage and banning child labor, the primary focus and beneficiary is the small farmer, who, in turn, is defined as a small landowner. The poorest segment of the farming community, however, is the migrant laborer who does not have the resources to own land and thus cannot be part of a cooperative.“

Dementsprechend käme der sozialen Nutzen nicht bei den Ärmsten der Armen an – ein Vorwurf, den Forscher aus London (wohlgemerkt in einer älteren Studie) unterstützten. Sie erklärten, dass von dem Fairtrade-Premium für Community-Projekte z.B. Toilettenanlagen gebaut wurden, aber nur den Managern der Kooperative zur Verfügung standen. Eine Studie aus Costa Rica aus dem Jahr 2018 befand ebenfalls, dass Fairtrade Projekte Plantagenbesitzern zu einem höheren Einkommen verhalfen, aber wenig Relevanz für ungelernte Arbeiter*innen hatten. Nichtsdestotrotz gab es auch Studien, die soziale Erfolge von Fairtrade untermauerten (vgl. folgenden Screenshot vom DIW):

Kaffee Weltmarktpreis vs. Fairtrade - sozialer NutzenOb Fairtrade der jeweiligen Kooperative in sozialer Hinsicht nutzt, hängt mit Sicherheit wieder stark von den Bedingungen im Einzelfall ab, als auch von sozio-kulturellen und ökonomischen Bedingungen im Anbauland. Wichtig: Bisher stammt der Großteil vom Fairtrade-Kaffee aus Schwellenländern wie Peru und Kolumbien, und nicht etwa aus Entwicklungsländern wie Äthiopien und anderen afrikanischen Ländern stammt. Doch gerade bei diesen ärmeren Anbauregionen müsste man ansetzen.

4. Exkurs: Haben Fairtrade Kaffeebohnen gute Qualität?

Garantiert ein Siegel, welche Bohnenqualität man am Ende in der Packung hat? Nun, Fairtrade befasst sich mit der Frage, wie man den Handel fairer gestalten kann, und ist selbst ist kein Qualitätsgarant. Letztlich hängt es immer vom Käufer (z.B. dem Importeur) ab, welche Kriterien dieser an Rohbohnen stellt und wie diese am Ende vom Röster veredelt werden. Hinzu kommt, dass ein Kaffeebauer theoretisch frei entscheiden kann, welche grünen Kaffeebohnen über Fairtrade in den Markt gespeist werden und welche Sorte eventuell lieber direkt gehandelt wird. 

Auch die o.g. Tatsache, dass Fairtrade mit Mindestpreisen (aber nicht mit Abnahmegarantien) funktioniert, kann einen Qualitätseffekt haben. Denn Mindestpreise können zu einer Anreizverzerrung führen, zumal die Initiative nie die gesamte, sondern nur einen Teil der Ernte abnimmt, wie man z.B. in der ZEIT nachlesen konnte. Nehmen wir an, Kaffeebauern haben Bohnen von schlechterer Qualität und von höher Qualität. Sie können entscheiden, welche Säcke sie über Fairtrade, und welche über den freien Markt verkaufen. Erhalten sie nun garantiert einen bestimmten Mindestpreis, dann sind sie geneigt, ihre weniger hochwertigen Kaffeebohnen in den Fairtrade Channel zu speisen – und die anderen eventuell für deutlich mehr an geneigte Nachfrager zu verkaufen.

Dass solche „Side Sales“ durchaus gängig sind, zeigt z.B. die Studie von Pedini et al. 2017. In diesem Szenario würde der Verbraucher für Fairtrade Kaffee also ggf. mehr zahlen, bekäme aber vielleicht ein schlechteres Produkt. Merkt er es, senkt er die Nachfrage. Und könnte damit dem Kaffee Weltmarktpreis auf lange Sicht schaden.

Kaffee Weltmarktpreis - Fairtrade - Qualität

5. Eine Alternative zu Fairtrade: Direkthandel!

Fairtrade hat das Augenmerk der Konsumenten definitiv stärker auf die Relevanz des fairen Handels für alle Beteiligten der Kaffeewertschöpfungskette gelenkt – und neben Kritikern nach wie vor auch viele Befürworter. Wir von Happy Coffee haben uns allerdings für einen anderen Weg entschieden. Da uns das Thema Nachhaltigkeit sehr am Herzen liegt, bieten wir eigenen Kaffee aus verschiedenen Anbauregionen an. Dazu orientieren wir uns an dem Dreieck der Nachhaltigkeit und handeln verantwortungsvoll mittels Direct Trade, wobei wir für Rohbohnen deutlich über dem Kaffee Weltmarktpreis zahlen. Einige Forscher sehen Direkthandel mittlerweile gegenüber Fairtrade als die bessere Wahl an:

„Under direct trade, a coffee buyer contracts directly with specific growers overseas to offer a higher coffee price, often in exchange for a higher-quality product and a long-term relationship. Although direct trade is certainly not a panacea, more real value is created in the system, making it an arguably more efficient means of transmitting resources from coffee drinkers to coffee growers.“ (Prof. Bruce Wydick, Huffington Post)

Während der oben zitierte Professor also durch die Blume Direkthandel vor allem deshalb lobt, weil auf den Marktpreis-Mechanismus statt Mindestpreise gesetzt wird, argumentieren andere Branchen Insider vor allem mit den tendenziell höheren Beträgen, die beim Kaffeebauern landen:

„A number of importers and exporters in the coffee business are saying we can get more money into the pockets of farmers through direct trade than if we use the FLO model.“ (Dennis Macray, ehemals Director of Global Sustainability bei Starbucks)

In diesem Sinne basiert unser Direkthandel ebenfalls auf fairen Preisen und Community-Projekten, die wir selbst mit gestalten, genauso wie wir die Qualität der Rohbohnen vor Ort immer wieder nachvollziehen können. Das fühlt sich für uns persönlich transparenter als Fairtrade an – weil wir bzw. unser Röster selbst am Hebel sitzen, und keine zwischengeschaltete  Marketing- und Zertifizierungsorganisation. So wissen wir genau, von welchen Kooperativen unsere Kaffeebohnen herkommen und wie sie produziert worden sind. Und ansonsten bleiben der Kaffee Weltmarktpreis und seine Entwicklungen das Maß der Dinge.

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Heidi Happy Coffee
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Heidi ist die "Kaffee-Doktorin" bei Happy Coffee: Zusammen mit Christian hat die promovierte Betriebswirtin das Unternehmen 2008 gegründet und schreibt ausführlich über alle Themen aus der Kaffee-Szene. Egal ob Kaffee-Zubereitung, Kaffeezubehör oder Kaffeespezialitäten - Heidi recherchiert, probiert, fotografiert und berichtet ausführlich für unsere Leserschaft. Privat trinkt sie am liebsten handgefilterten Kaffee zu einem gesunden Frühstück.


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